Auf den Spuren der Glaubensflüchtlinge durch Zürich wandeln

Hugenotten

Zürich bekommt einen spannenden neuen Stadtrundgang: Ab sofort erzählen die Häuser die Geschichten der Hugenotten, die in ihnen gewohnt haben; sie sind analog und digital abrufbar.

Das letzte Puzzleteil liegt bereit. Am 2. April wird diese besondere historische Landkarte durch ganz Europa komplett. Das fehlende Teilstück vervollständigt den Hugenotten- und Waldenserweg, und es führt mitten durch Zürich – in einer Schlaufe von 12 Kilometern, vorbei an 51 Stationen. Der neue Stadtrundgang ist ein Fundus an Geschichten rund um ein wesentliches Kapitel der Zürcher Stadt- und Reformationsgeschichte.

Die Runde durch die Limmatstadt verlinkt jetzt die bestehende Europäische Kulturroute, welche die Fluchtwege der verfolgten Hugenotten und vertriebenen Waldenser nachzeichnet. Der Hugenottenweg beginnt südlich von Nîmes in Südfrankreich, der Waldenserweg startet bei Torre Pellice im Piemont. Bei Genf überquert der geschichtsträchtige Weitwanderweg die Grenze und führt von dort via Baden und Zürich bis Schaffhausen quer durch die Schweiz. Die historische Route endet in Bad Karlshafen, einer Stadt in Hessen, die eigens für die Hugenotten gebaut wurde.

Grosszügige Zürcher Bürgerschaft

Gemeinsam ist den beiden frühprostestantischen Religionsgemeinschaften, dass sie den Katholiken ein Dorn im Auge waren und mit den schlimmsten Formen der Verfolgung rechnen mussten: Gefangennahme und Folter, den Verlust von Hab und Gut oder das Versauern auf einem französischen Kriegsschiff. Ab 1685 kamen Hugenotten und Waldenser drum auf der Suche nach einer neuen Heimat in Scharen nach Zürich.  

Die Zürcher Bürgerschaft zeigte sich gastfreundlich und grosszügig, die Solidarität der Zwinglianer mit den vom Katholizismus Verfolgten ist legendär. «Schon im ersten Winter kamen über tausend Hugenotten, 385 nahmen Zürcher in ihren Häusern auf und verköstigten sie monatelang», sagt Barbara Hutzl-Ronge. 

Sie hat die Informationen zu den einzelnen Standorten zusammengetragen und war ganz beeindruckt von der Solidarität der Handwerker und Zünfter: Weber nahmen Weberfamilien auf, Zimmerleute vergaben Zimmer an Zimmermänner, die Pfarrer liessen die hugenottischen Ministres bei sich wohnen. «Die Zürcher Bürgerschaft hat während 20 Jahren rund 42000 Geflüchtete beherbergt», sagt Hutzl-Ronge.

Geschichte in Form von Häusergeschichten

Nicht zuletzt verdankt die Stadt Zürich dem Handwerksgeschick der Hugenotten auch einen Teil ihres Reichtums. Im Haus Kezinstürli an der Augustinergasse etwa machte Gabriel Bruguier vor, wie man Seiden-Taft mit französischem Glanz produzierte. 

«Diesen Weg durch die Stadt so zu gestalten, dass den Besuchern die Augen und das Herz aufgehen, habe ich mir vorgenommen», sagt Hutzl-Ronge. Wer mit ihr eine Runde durch die Innenstadt macht, findet hinter vielen alten Fassaden spannende Geschichten. Vor dem historischen Restaurant Kindli beim Lindenhof stehend sagt sie: «Hierhin hat der Bürgermeister die von den Galeeren freigelassenen Hugenotten zum Umtrunk eingeladen.»  

Doris Brodbeck, Präsidentin des Vereins Hugenotten- und Waldenserweg Aargau-Zürich-Schaffhausen, hat ihre Geschichten auf eine Webseite geladen, die 51 Standorte mit Wegskizzen versehen und mit einem Routenplaner verknüpft. Der Fotograf Markus Plüss aus Ramsen (er entstammt selber einer Hugenottenfamilie) hat die Häuser und Plätze ins beste Licht gerückt. 

Vom 2. April an können alle den 51 historischen Häusergeschichten nachgehen – per Smartphone oder Laptop oder ganz einfach zu Fuss wie anno dazumal.

Der neue Stadtrundgang ist ab 2. April abrufbar unter: www.via-hugenotten-zh.ch

Die Vernissage am Osterdienstag, 2. April, 18:15 Uhr im Kulturhaus Helferei, Kirchgasse 13, in Zürich ist öffentlich.

Informationen zu den Etappen des Hugenottenwes durch die Schweiz finden sich hier: www.via-hugenotten-agzhsh.ch