Gutes Wirtschaften sichtbar machen

Wirtschaft

Im Vergleich zu Europa hinkt die Schweiz im Bereich soziales Unternehmertum hinterher. Doch das Thema gewinnt an Bedeutung und steht auch auf der Agenda des WEF in Davos.

Das Hotel Ucliva, in der Surselva wunderbar eingebettet auf einer Höhenterrasse am Südhang des Vorderrheintals, war das erste Öko-Hotel der Schweiz. Vor 41 Jahren nahm es seinen Betrieb auf. Was damals als Protestaktion gegen die Überbauung von Gemeindeland mit Fertighäusern, «den Ausverkauf der Heimat», und als Massnahme gegen die Abwanderung begann, ist heute ein erfolgreiches Beispiel für soziales Unternehmertum, im internationalen Sprachgebrauch Social Entrepreneurship genannt. 

Vision umgesetzt
Das Hotel gehört bis heute einer Genossenschaft, die es lange selbst führte. Die seit sieben Jahren angestellte Prächterin verfolgt den Ansatz «was der Boden in Waltensburg hergibt, das kommt bei uns auf den Tisch» auch weiterhin. Hinzugekommen ist der unternehmerische Fokus auf die Bereiche Natur, Kultur und Seminar. Im Kern sei das Projekt so aktuell wie damals und erfülle die Nachhaltigkeitsziele vollumfänglich, sagt Helen Issler, Genossenschafterin der ersten Stunde und Mitglied bei Social Entrepreneurship Schweiz (Sens). Den Verein hat Nationalrat Eric Nussbauer 2017 gegründet mit dem Ziel, das Wirtschaften zum Nutzen der Gesellschaft zu stärken. 

Der Verein definiert fünf Prinzipien für ein soziales Unternehmertum: eine soziale, ökologische oder kulturelle Wirkung des Unternehmenszwecks; 50 Prozent der Erlöse sollen aus Dienstleistungen oder Produkten resultieren; Entscheidungskompetenzen und Verantwortung liegen autonom beim Unternehmen; Ertragsüberschüsse werden mehrheitlich für die Gesellschaft reinvestiert; Stakeholder (Kunden, Lieferanten, Mitarbeitende, Investoren) erhalten Mitwirkungsmöglichkeiten. Unternehmen von Social Entrepreneurs verbinden ihre Arbeit, im Gegensatz zu profitorientierten Unternehmen und rein spendenbasierten Organisationen, immer mit einer positiven gesellschaftlichen Wirkung (Impact-Orientierung). 

Sichtbar machen
Im Monitor von Sens ist auch das Ucliva aufgeführt. «Es gibt einige Unternehmen, Stiftungen und Organisationen in der Schweiz, die diese Voraussetzungen bereits erfüllen», sagt Pascale Bruderer, frühere Nationalratspräsidentin und als solche einst zur Young Global Leader des World Economic Forum (WEF) in Davos gekürt. Heute ist sie Unternehmerin und ist unter anderem Mitgründerin des IT-Start-ups Crossiety, einer Online-Plattform für Gemeinden, Städte und Regionen. Mit dem WEF verbindet Bruderer aber noch etwas anderes. Sie ist Mitglied im Stiftungsrat der Schwab Foundation for Social Entrepreneurship, einer Schwesterorganisation des WEF, die den Austausch für soziales Unternehmertum weltweit fördert. Nötig ist eine Stärkung vor allem in der Schweiz. Laut Sens hinkt das Land bei der Förderung des sozialen Unternehmertums im Vergleich mit anderen europäischen Ländern hinterher. Ein Grund sei die fehlende offizielle Definition sowie der rechtliche Rahmen für Social Entrepreneurship, sagt Sens-Geschäftsführerin Rahel Pfister. «Der Staat müsste die bereits bestehenden Institutionen, an denen Social Entrepreneurship thematisiert wird, beispielsweise an den Hochschulen oder in den Beratungsstellen, stärker unterstützen.» Um Social Entrepreneurship überhaupt sichtbar zu machen, zeichnet die Schwab Foundation jedes Jahr Sozialunternehmerinnen und Sozialunternehmer aus. Pascal Bruderer sitzt als Stiftungsrätin in der Jury. «Am kommenden WEF wird es diesbezüglich eine Überraschung geben», verrät sie. 

Nachhaltig wirtschaften

Better Entrepreneurship Policy ist ein Online-Tool, mit dem Interessierte lernen, wie junge Menschen, Frauen, Arbeitslose, Migranten in der Entwicklung sozialer Unternehmen gefördert werden können. Am 22. Januar, 16.30–18 Uhr, organisiert die Schwab Foundation einen Anlass für Davoser Schülerinnen und Schüler zu Social Entrepreneurship.

www.betterentrepreneurship.eu, www.schwabfound.org