Recherche 22. Mai 2023, von Hans Peter Putzi

Auf in die Lange Nacht der Kirchen

Lange Nacht der Kirchen

Am 2. Juni laden Kirchgemeinden im Kanton zu Veranstaltungen mit Film, Musik, Gesprächen, Theater, Kunst, Licht. Für Jüngere und Ältere. Für Kleine und Grosse. Für alle.

Am Freitag, 2. Juni erklingt das Geläut der Kirchen zu ungewöhnlicher Stunde. Um 18 Uhr künden die Glocken in allen Austragungsorten die „Lange Nacht der Kirchen“ an. Für die Koordination der zweiten Ausgabe der Kirchennacht der Evangelisch-reformierten Kirche Graubünden zuständig ist Cornelia Mainetti von der Fachstelle «Kirche im Tourismus». Sie kommentiert das Programm vom Freitag, 2. Juni, als «kulturell reizvoll und bunt gemischt».

An 40 Standorten und in den drei Sprachgebieten des Kantons wollen die Kirchgemeinden mithilfe von Freiwilligen für bleibende Eindrücke sorgen. «Wir laden auch jene Menschen herzlich ein, die keine Beziehung zum Christentum und zur Kirche pflegen», so Mainetti.

Chance für neue Wege
Die Lange Nacht der Kirchen bietet die Gelegenheit, neue Wege zu gehen. Moderne Kulturinterpretationen vermitteln, dass Kirche nicht nur Bibellesen, Glauben, Beten und Sonntagspredigt ist. «Die Kirche ist vielseitiger und vielschichtiger, genau das werden wir nach aussen tragen», sagt Mainetti dazu. Sie weiss, dass kirchliche Arbeit nur selten im Glanz und Glamour der Medienwelt vorkommt. «Mit der Langen Nacht zeigen wir Sichtbarkeit, wollen in Erinnerung rufen, wie stark das Fundament der Kirchenarbeit im sozialen und gesellschaftlichen Bereich wirklich ist», so Mainetti.

Orgel trifft Schlagzeug
In der Wahl ihrer Programmpunkte und in der Ausgestaltung ihrer Ideen waren die Kirchgemeinden frei. Eine dieser besonderen Ideen präsentiert die reformierte Kirche Savognin. Helmut Andres, Präsident der evangelischen Kirchgemeinde Bivio-Surses, weckt Lust auf einen Kirchenbesuch: «Statt eines klassischen Orgelkonzerts bieten wir das Spektakuläre.» Hier wird der französischen Synthesizer-Ikone Jean-Michel Jarre gehuldigt. Als international bekannter Kirchenmusiker kennt Wolfgang Bolsinger die Kirchenorgeln wie kaum jemand sonst.

Welche Wucht er einer Orgel entlocken kann, zeigt Bolsinger zusammen mit Drummer Mar­tin Hämmerle. Die Musiker verbinden Orgel und Schlagzeug zu einem elektrisierenden Sa­vo­gniner Elektroabend. «Organ meets Drums» nennen Bolsinger und Hämmerle ihren Tribut an Jarre. Klangmagische und zugleich lichtmagische Momente versprechen sie darüber hinaus – von 21 bis 23 Uhr, mit kreativen und provokativen Rock- und Popklängen.

Eine andere Facette der Kirchennacht zeigt sich beim Blick ins Prättigau. Die dortigen Kirchgemeinden zählen auf das Know-how der Theologin und Kulturveranstalterin Maya Heusser. Sie habe einen vielfältigen Mix aus gesellschaftlichen und kulturellen Sparten und Stilen zusammengestellt, sagt Heusser.
In den Kirchen werden zum Beispiel Dessert mit Musik, Open-Air-Kino, Kinderprogramm, Theateraufführungen und sogar eine Show mit Experimenten aus Physik und Chemie zu bestaunen sein. Maya Heusser selbst freut sich besonders auf die Theateraufführungen in Schiers und Fideris: «Damit tauchen wir auf ganz unkonventionelle Weise in das Leben von Jesus ein.»

Tradition und Moderne
In der reformierten Kirche St. Margrethen zu Ilanz wird Klassik mit Moderne kombiniert: «Wir singen ab 21 Uhr klassisch die Lieder aus dem Kirchengesangbuch, aber eben hitparadenmässig ausgewählt», so Bettina Grolimund-Müller. Zuvor sorgt ab 20 Uhr das Volksmusikduo Wilderbluescht mit fetzig-witzigen Intonationen für Unterhaltung in der Kirche Ilanz. Die Aufführungen werden mit einer kurzen Meditation beendet. Als ein besinnlicher Augenblick für die Seele, als stiller Ausklang ins oft nicht so stille Wochenende. Aber zuvor wird gefeiert, gelacht, gesungen, entdeckt, genossen und gespielt.

Die Lange Nacht der Kirchen ist kein Soloprojekt der Evangelisch-reformierten Kirche. Der Anlass verbindet schweizweit christliche Kirchen verschiedener Konfessionen. Auch die Römisch-katholische Kirche und andere christliche Gemeinschaften öffnen die Türen ihrer Gotteshäuser zu später Stunde.

In Graubünden findet die Lange Nacht der Kirchen zum zweiten Mal statt. An der Premiere 2021 öffneten Kirchentüren an knapp 30 Orten. Rund 2100 Besucherinnen und Besucher kamen. Mit über 40 Veranstaltungsplätzen hofft Cornelia Mainetti jetzt auf eine Steigerung der Besucherzahl.

Alle Veranstaltungen sind gratis. www.langenachtderkirchen.ch

Die Kirche ist vielseitiger und vielschichtiger, genau das werden wir nach aussen tragen.
Cornelia Mainetti, Koordinatorin Lange Nacht der Kirchen