Der FC Winterthur versucht seit vielen Jahren, in seinem Einflussbereich Gegensteuer zu geben. Kann das gelingen?
Als Fussballverein auf Werte wie Toleranz, Diversität und Gerechtigkeit zu setzen, ist wichtig und eigentlich naheliegend. Ohne solche Werte kann ein Team nicht funktionieren. Wir machen aber keine Parteipolitik. Der Fussball ist die Welt im Kleinformat, in der man alles findet: Solche, die sich mit diesen Werten identifizieren, und solche, die sich über unsere Aktionen lustig machen. Oder solche, denen es einfach egal ist. Wir sind nicht missionarisch, sondern wollen die Menschen immer überzeugen von unseren Ideen. Wenn uns das nicht gelingt, suchen wir einen neuen Weg.
Wenn der französische Starstürmer Kylian Mbappé einen Lachkrampf kriegt, weil ihm ein Journalist vorschlägt, kurze Strecken zum Auswärtsspiel im Zug statt im Flugzeug zurückzulegen: Fällt der Imageschaden auch auf einen Verein wie den FC Winterthur zurück?
Ich habe mich aufgeregt über diese Reaktion. Aber auch da: Es gibt wohl unzählige privilegierte Menschen, die in einer Blase leben und ähnlich reagieren würden. Tut es ein Fussballer, fühlen sich die Leute gleich in ihren Vorurteilen bestätigt und meinen, alle Fussballer seien so. Dabei gibt es viele Fussballer, die sehr verantwortungsvoll mit ihrem Einkommen umgehen und ganze Sippen ernähren oder Stiftungen in ihren Heimatländern gründen. In den grossen Fussballligen ist einfach sehr viel Geld vorhanden. Dass die Spieler etwas davon abkriegen, ist eigentlich nur fair. Wenn sie sich verletzen oder versagen, sind sie schnell weg vom Fenster. Im Gegensatz zu vielen Managern in der Wirtschaft, die auch noch abkassieren, wenn sie Fehler gemacht haben.
Wird der Fussball mit zu viel Geld vollgepumpt?
Sicher tut es nicht allen gut, so jung derart viel Geld zu verdienen. Aber auch da bin ich vorsichtig mit Urteilen. Die moralische Frage, wann ein Lohn unanständig hoch ist, müssen wir gesamtgesellschaftlich beantworten und dürfen sie nicht auf den Fussball reduzieren. Zudem profitieren am Ende auch Vereine wie der FC Winterthur vom Geldsegen. Die Fifa verteilt die Gelder, die sie einnimmt, an die Verbände. Das ist eigentlich ein gutes System. Was es dringend braucht, ist eine echte Demokratisierung der Fifa.