Eine politische Stimme für die Geflüchteten

Asylpolitik

Am 8. Mai tagt das Flüchtlingsparlament zum zweiten Mal in Bern. Mitbegründerin Nahda Haidari sieht darin Potenzial und auch erste Erfolge.

«Mit dem Flüchtlingsparlament wollen wir Politik und Bevölkerung für die Anliegen der Geflüchteten sensibilisieren», sagt Nahid Haidari. Die Afghanin kam 2012 in die Schweiz und hat das Flüchtlingsparlament mit begründet. Dieses tagte erstmals 2021. Rund 75 in der Schweiz lebende Geflüchtete aus 15 Ländern diskutierten über Reisebeschränkungen, Spracherwerb, Arbeitsintegration und Asylpolitik.

Mit Parlamentsmitgliedern diskutieren

Wie in einem Parlament üblich, haben sich auch die Mitglieder des Flüchtlingsparlaments in Kommissionssitzungen getroffen. Sie wollen ihre Anliegen in die Politik einbringen, die sie selbst mit Wählen und Abstimmen nicht mitgestalten können. Die im Plenum gefassten Forderungen wie etwa gezielterer Spracherwerb oder die Aufhebung des Reiseverbots wurden im Anschluss mit eidgenössischen Parlamentsmitgliedern diskutiert. «Es ist aufregend und wichtig, mit Parlamentarierinnen und Parlamentariern aus verschiedenen Parteien über unsere Anliegen zu sprechen. Manche wissen viel über unsere Situation als Geflüchtete hier, andere wenig», sagt Haidari.

Dies ist vielleicht das erste Mal, dass Geflüchtete ein Referendum aktiv mitgestaltet haben.
Nahid Hadairi, Mitgründerin Flüchtlingsparlament

Gemeinsam fand mit Mitgliedern des Parlaments und Kommunikationsexperten auch ein Workshop für Kampagnenarbeit statt. Erste Lobby-Einsätze durch Flüchtlingsparlamentarier hätten gezeigt, dass die Stimme der Geflüchteten zu lange im Parlament gefehlt habe, sagt Haidari. Doch das ändere sich jetzt: «Wir sammelten Unterschriften für das Referendum gegen Frontex. Dies ist vielleicht das erste Mal, dass Geflüchtete ein Referendum aktiv mitgestaltet haben.»

Mitten in den Vorbereitungen

Am 8. Mai findet im Berner Rathaus nun das Flüchtlingsparlament erneut statt. Nahid Haidari befindet sich mitten in den Vorbereitungen. Thema etwa seien die Ungleichbehandlung von Geflüchteten im Hinblick auf den Ukraine-Krieg. Zudem werde das erste kantonale Flüchtlingsparlament gegründet.

Da wird Selbstvertrauen und Selbstermächtigung erzeugt; das Flüchtlingsparlament ist für alle Beteiligten ein richtiges Antidepressivum.
Carsten Schmidt, Leiter Fachsstelle Migration der Reformierten Berner Landeskirchen

Die Fachstelle Migration der reformierten Berner Landeskirchen unterstützt das vom National Coalition Building Institute organisierte Projekt finanziell und mit ihrer Expertise. Ihr Fachstellenleiter Carsten Schmidt begleitete letztes Jahr die Kommission zu den abgewiesenen Asylsuchenden. Dieses Jahr unterstützt Schmidt eine Kommission darin, wie politische Forderungen ebenengerecht zu adressieren sind.

Er zeigt sich beeindruckt von der positiven Energie, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer entwickeln, wenn sie aktiv für ihre eigenen Interessen einstehen. «Da wird Selbstvertrauen und Selbstermächtigung erzeugt; das Flüchtlingsparlament ist für alle Beteiligten ein richtiges Antidepressivum», lautet das Fazit von Carsten Schmidt.