Recherche 10. Dezember 2015, von Stefan Schneiter

Der «Grüne Güggel» kräht laut in Meilen

Umweltschutz

Die Kirchgemeindehaus Meilen handelt seit sieben Jahren umweltbewusst, und zwar systematisch. Nun hat sie das Umweltzertifikat «Grüner Güggel» erhalten.

«Da sollte es jetzt aber nur 12 Grad warm sein», sagt Feyna Hartman beim Eintreten in die Kirche Meilen. Draussen ist es kälter, doch die «Restwärme» des Gottesdienstes vom Vortag hängt noch im Kirchenraum. Für Gottesdienste und Veranstaltungen werde jeweils auf 18 Grad aufgeheizt, sonst auf 12 Grad, erklärt die Kirchenpflegerin, welche 2008 die Umweltinitiative «Grüner Güggel» in der Zürichseegemeinde initiiert hat. Seit damals ist viel passiert in Meilen. Viele Massnahmen wurden für einen scho­nenden Umgang mit natürlichen Re­ssourcen umgesetzt: Für kirchliche Anlässe werden Lebensmittel regional, saisonal, biologisch und fair eingekauft. Die Startzeiten der Anlässe wurden auf den öffentlichen Verkehr abgestimmt. Ge­flogen wird für Gemeindereisen nicht.
Konsequent wird Recyclingpapier verwendet. Dank Gas- statt Ölheizung wird sparsamer geheizt. Auf der Wiese vor der Kirche wurden fremdländische Pflanzen durch einheimische ersetzt, um die Biodiversität zu fördern. Und vieles mehr.

Die einzelnen Massnahmen tönen sim­pel, deren Umsetzung ist jedoch mit viel Arbeit verbunden. Die ökologischen Verbesserungen sind bezifferbar: Das Ziel, den Energieverbrauch bis 2020 um 30 Prozent zu senken, ist schon zur Hälfte umgesetzt. Der Anteil erneuerbarer Ener­gien stieg von 0 im Jahr 2008 auf aktuell 48 Prozent.

Ökomodeschau. Feyna Hartman ist wich­tig, dass die Umweltschutzmassnahmen im Einverständnis mit allen Mit­arbeitenden der Kirchgemeinde umgesetzt werden. Und Pfarrerin Jacqueline Sonego Mettner betont: «Die Umsetzung der ökologischen Massnahmen soll nicht lustfeindlich sein.» So wurde zum Beispiel mit Konfirmandinnen und Konfirmanden eine alternative Modeschau durchgeführt. Sie präsentierten cooles Outfit aus Fairtrade-Läden und Brockenstuben. Bei allem geht es nicht nur um Massnahmen, sondern um gelebte Schöp­fungsspiritualität.

Pioniergemeinde. Nun ist Meilen mit dem Öko-Label «Grüner Güggel» ausgezeichnet worden. Im September wurde ihr nach eingehender Prüfung systema­tisches Umweltmanagement bescheinigt. Vergeben wurde das Zertifikat vom ökumenischen Verein Oeku (Kirche und Um­welt) am 6. Dezember in einer feierlichen Zeremonie in Anwesenheit von Kirchenrätin Esther Straub.

Kurt Zaugg-Ott, Leiter der Oeku-Arbeitsstelle, überreichte das Zertifikat. Für ihn ist die Zertifizierung eine verdiente Anerkennung für die geleistete Arbeit: «Meilen ist die Pioniergemeinde in der Schweiz für ein ganzheitliches Um­weltmanagementsystem.» Er hofft, dass andere Kirchgemeinden animiert wer­den, einen ökologischen Kurs zu steuern. Auch wenn sich der Kirchenrat 2014 aus Kostengründen gegen ­eine flä­chendeckende Unterstützung des «Grünen Güggels» ausgesprochen hat, sind Gemeinden wie Stäfa, Bülach oder Dü­bendorf auf einem guten Weg. Wie auch die katholische Kirche: Im November erhielten fünf katholische Kirchgemeinden im Thurgau den «Grünen Güggel».