«Bahnbrechend», nennt der Felsberger Pfarrer Fadri Ratti das neue Gestaltungskonzept von Friedhof und Kirche. In der Mitte, auf dem Kirchenhügel, steht sie, die reformierte Kirche. «In der Mitte des Dorfes – in der Mitte des Lebens» – heisst deshalb das Motto, das sich die Projektgruppe, bestehend aus Vertretern und Vertreterinnen von Kirchgemeinde und politischer Gemeinde, gegeben hat.Alles begann mit der defekten Heizung in der Kirche. Eine Sanierung derselben ohne Demontage der Kirchenbänke und Aufbruch des Bodens sei nicht möglich, befand der Baufachchef der Kirchgemeinde, Christof Schmid. Also stellte sich der Vorstand eine Grundsatzfrage: Braucht es heute noch Kirchenbänke? «Nein, fanden wir, denn der frei werdende Raum kommt unseren Bedürfnissen sehr entgegen», sagt Kirchgemeindepräsidentin Marion Stalder. Aktivitäten wie Krabbelgottesdienst, Kirchenkaffee und Konzerte müssen seit Jahren in die Aula, die Turnhalle oder das Gemeindehaus ausgelagert werden. Gleichzeitig besuchen immer weniger die regulären Gottesdienste.
Zeichen setzen
Der Vorstand und die Projektgruppe besichtigten mehrere neu gestaltete Kirchenräume in Graubünden und St. Gallen und kontaktierten den Zürcher Theologen Matthias Krieg. Krieg ist in Felsberg kein Unbekannter. Er führte im Auftrag der Kirchgemeinde vor einigen Jahren eine Milieustudie durch und setzt sich zudem mit der zeitgemässen Nutzung von reformierten Kirchenräumen auseinander. In einem Aufsatz schreibt er: «Heute muss die Kirche im Dorf wieder die Kirche für das Dorf werden.» Nicht das Inventar, sondern das Leben in der Gemeinde sollte die Nutzung des Kirchenraums bestimmen.Ausgehend vom eigenen Motto, schlägt die Projektgruppe nun vor, die Kirchenbänke nicht wieder einzusetzen und den Taufstein überdacht vor die Kirche zu stellen. Das Zentrum soll neu ein 12 Meter langer Holztisch sein. Für Jazzgottesdienste oder Kinoabende kann der Tisch verschoben und es können Stühle zugestellt werden. So bleiben die Platzverhältnisse unverändert. «Der Tisch ist das Ursymbol für Zusammengehörigkeit», sagt Christof Schmid, «damit setzen wir ein Zeichen für die Zukunft.» Derselben Meinung ist auch Gemeindepräsident Peter Camastral. Auf dem Friedhof, der im Besitz der politischen Gemeinde ist, soll insbesondere das Gemeinschaftsgrab hervorgehoben werden. Angedacht ist eine Stele vor der Kirche mit den Namen der Verstorbenen. «Ein Symbol für den Tod und die Auferstehung», erklärt Pfarrer Ratti, «ein Weg vom Dunkel ins Licht.»
Kunst sprechen lassen
Diesen Eindruck erhalten Besucher auch, wenn sie die holzüberdachte Treppe zur Kirche hochsteigen; er soll verstärkt werden mit mehr Lichteinfall durch eine teilweise Verglasung. Neu gestaltete, rollstuhlgängige Nischen und Sitzbänke rund um die Kirche bieten Raum zur Einkehr und für Gespräche.«Alle Gestaltungselemente sollen mit einer künstlerischen Sprache verbunden werden», so Ratti. Hinzugezogen haben der Kirchen- und Gemeindevorstand dazu die aus Felsberg stammende Kuratorin des Schweizer Landesmuseums, Christina Sonderegger, Christian Müller, Architekt, und Lieni Wegelin, Landschaftsarchitekt. Für die Kirchgemeindepräsidentin ist die Zeit reif für eine neue Ära: «Wir brauchen kein Museum, wir wollen, dass mehr Leben in die Kirche einzieht.» Zwei Hürden stehen den Initianten noch bevor: die Denkmalpflege zu überzeugen, die Bedenken wegen der Entfernung der Kirchenbänke angemeldet hat, und eine Abstimmung in der Bevölkerung über das 1,6-Millionen-Projekt. Kirchgemeindemitglieder stimmen bereits ab 16 Jahren.