Verhaltenskodex für kirchliche Mitarbeitende

Prävention

Die reformierte Landeskirche des Kantons Zürich will mit einem Schutzkonzept Grenzverletzungen verhindern. Als Basis dient ein Verhaltenskodex, der in allen Kirchgemeinden gilt.

Der Verhaltenskodex, der seit Juli in allen Kirchgemeinden im Kanton Zürich gilt, beschränkt sich nicht auf sexuelle Übergriffe und nimmt auch nicht nur Minderjährige in den Blick. «Ziel ist der Schutz aller Menschen, die unsere Dienste in Anspruch nehmen oder die für die Kirche arbeiten», sagt Sabine Scheuter. Die Theologin ist bei der Zürcher Landeskirche verantwortlich für den Bereich «Personalentwicklung und Diversity» und amtet auch als Vertrauensperson, an die man sich in Fragen zu Grenzverletzungen wenden kann.

Im Kodex werden nicht nur Nähe und Distanz zu Kindern und Jugendlichen im Unterricht oder in Lagern thematisiert. Auch für den meist von Freiwilligen geleisteten Besuchsdienst bei älteren Menschen gibt es Anweisungen und Empfehlungen. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz wird im Regelwerk ebenso erwähnt wie der Umgang mit den sozialen Medien im Internet.

Belastete Begriffe

Die meisten Einträge im Kodex sind nicht neu. «Wir haben zusammengetragen, was bereits in den kirchlichen Verordnungen und Reglementen sowie in staatlichen Gesetzen vorhanden ist», erklärt Scheuter. 

Damit die frohe Botschaft wirklich froh macht

«Es gehört zum Glaubwürdigsten, was immer Kirche in der Welt ausmacht: Dass man ihr und den in ihrem Auftrag Handelnden vertrauen kann», sagt Kirchenratspräsident Michel Müller zur Notwendigkeit des Schutzkonzepts. «Wer im Auftrag des Evangeliums, der frohen Botschaft von der erlösenden und befreienden Liebe Gottes, handelt, setzt alles daran, dass diese frohe Botschaft wirklich froh macht», lässt er sich in der Medienmitteilung zur Inkraftsetzung des Verhaltenskodexes zitieren. Die körperliche, psychische, sexuelle und spirituelle Integrität und somit du Unversehrtheit an Leib und Seele müsse gewahrt bleiben.

Mitgearbeitet am Papier haben interne und im rechtlichen Bereich auch externe Fachpersonen. Auf einer Website sollen laufend zusätzliche Informationen zur Verfügung gestellt werden. Kritik am Kodex gab es im letzten Jahr, als in der Synode Anpassungen im Reglement für Freiwilligenarbeit und in der Personalverordnung diskutiert wurden. Einiges wurde überarbeitet. 

Ein Beispiel: Im Kodex soll auch die spirituelle Integrität von Menschen, etwa in der Seelsorge, geschützt werden. «Deswegen wollten wir, dass nicht auf Initiative der Seelsorgenden hin Schuld, Sünde oder Versöhnung ins Gespräch gebracht werden», sagt Scheuter. 

Auf Kritik reagiert

Aufgrund von Rückmeldungen der Gefängnisseelsorge, die mit diesen Themen ständig konfrontiert ist, wird nun bei «theologischen Begriffen und Kategorien wie Schuld, Strafe oder Opfer» nur zu Vorsicht und Zurückhaltung geraten.

Dass neu auch Freiwillige, vor allem wenn sie ohne Aufsicht mit Kindern und Jugendlichen beschäftigt sind, einen Privatauszug oder sogar einen Sonderprivatauszug aus dem Strafregister beibringen müssen, sorgte ebenfalls für Kritik. «Wir gehen von den Aufgaben aus, nicht vom Anstellungsstatus», erklärt Scheuter. Klar ist: Für Freiwillige übernehmen Kirchgemeinden die Kosten für die Auszüge.

Täter abschrecken

Ein wesentlicher Bestandteil des Schutzkonzeptes sind Schulungen. Wie Angestellte sollen auch Freiwillige, die regelmässig mit Schutzbedürftigen zu tun haben, eine Basisschulung absolvieren. Den Anfang machen noch in diesem Jahr die Kirchenbehörden als wichtige Schaltstelle in der Prävention und Bearbeitung von Grenzverletzungen. Dabei gilt es laufend neue gesetzliche Entwicklungen zu berücksichtigen.

Auf staatlicher Ebene etwa wird die Meldepflicht immer stärker gewichtet. Beobachtungen zu einer möglichen Verwahrlosung älterer Menschen oder einer möglichen Kindeswohlgefährdung sollten trotz der weiterhin geltenden Schweigepflicht gemeldet werden. Auch in solchen Fällen ist die Kirchenpflege gefordert. Scheuter weist im Gespräch zuletzt auf eine wichtige Funktion des Kodex hin: «Im Zentrum steht die Abschreckung möglicher Täter und Täterinnen.»