«Die kulturell dominierende Konfession an den Zürcher Hochschulen ist der Protestantismus», sagt Franz-Xaver Hiestand. Der Jesuit leitet die katholische Hochschulgemeinde aki. Viele Rektoren waren Theologen. Das habe Spuren hinterlassen. «Und dass am Dies Academicus an die Verstorbenen erinnert wird, habe ich anderswo noch nie erlebt.» Überhaupt sei die Veranstaltung, an der die Universität sich selbst feiert und die Fakultäten ihre Ehrendoktortitel vergeben, sehr reformiert, sagt Hiestand. «In Luzern war es eher wie Fasnacht und ziemlich katholisch.» Deshalb hat sich Hiestand an der dortigen Universität verpflichtet gefühlt, die Reformierten «ein wenig mitzunehmen».
Wie jemand, der in der Reformationsstadt seinen katholischen Kollegen an die Hand nehmen muss, wirkt Stephan Jütte jedoch nicht. Der Theologe leitet das reformierte Hochschulforum und ist für das Gespräch ins «aki» gekommen. Das Geburtstagskind bezeichnet er wegen der langen Geschichte und dem prestigeträchtigen Sitz neben den Gleisen der Polybahn in reformierter Demut als «grosse Schwester».
Eucharistie und Restenessen
Der Dialog zwischen den Seelsorgern ist von Sympathie und gegenseitigem Respekt geprägt. Der Austausch ist nicht institutionalisiert, aber regelmässig. Als Jütte das reformierte Hochschulforum neu konzipierte, war für ihn klar, dass er keine Konkurrenz sein will. «Bei den Angeboten ist das aki sehr gut aufgestellt, da braucht es uns nicht.»
Das «aki» versteht sich als offenes Haus für Angehörige aller Konfessionen. Und doch ist die katholische Verwurzelung spürbar. Regelmässig wird Gottesdienst gefeiert. Zur Stammkundschaft gehören insbesondere ausländische Studierende, die in ihren Ländern katholisch sozialisiert worden sind und hier eine erste Heimat finden. Ein breiteres Publikum spricht der regelmässige «No-Food-Waste-Zmittag» an. Beim Restenessen herrscht zuweilen sogar im grossen «aki» Platznot.
Freundschaftlich getrennt
Jütte gründete das Café Hirschli am Hirschengraben 7 und setzt dort stark auf die Mitwirkung der Studierenden. Das «Hirschli» sei ein «Wohnzimmer» für alle, die zwischen der Universität und ihrem Daheim vorbeikommen. «Reformiert daran ist, dass es nicht reformiert sein muss», sagt Jütte. Das Lokal erfülle einen volkskirchlichen Auftrag als reformierter Service public. «Gottesdienste finden in den nahen Altstadtkirchen genug statt und beheimatet sind Reformierte in der Gemeinde, in der sie wohnen.» Der Unterschied zu anderen Cafés liege in der Beziehungsarbeit, «der Seelsorge im weitesten Sinn».
Allen gegenseitigen Komplimenten zum Trotz lehnen Jütte und Hiestand eine Fusion zu einem ökumenischen Angebot wie in der Bahnhofskirche oder am Flughafen ab. Ihre Argumente verpacken sie wiederum in Komplimente. «In Zürich ist die eigenständige, gut dotierte Präsenz der Reformierten an den Hochschulen wichtig», sagt Hiestand. Jütte wünscht dem «aki» für das nächste Jahrhundert, dass es «so gross, grosszügig und offen bleibt, wie es heute ist».