Recherche 28. März 2023, von Mirjam Messerli

Auch die letzte Reise kann früh gebucht werden

Bestattungsmesse

An der ersten Berner Bestattungsmesse machten sich Menschen, die mitten im Leben stehen, über passende Urnen kundig, über letzte Worte und sichere Todeszeichen.

Eines ist gewiss: Das Leben endet in 100 Prozent der Fälle tödlich. Mit dem sicheren Tod befassen mögen sich aber die allerwenigsten Menschen freiwillig. Umso erstaunlicher ist der Publikumsaufmarsch an Funus, Berns erster Bestattungsmesse. Ins Leben gerufen hat sie Johannes Ruchti, Bestatter und Trauerredner aus dem Kanton Luzern (siehe auch Interview).

Eine junge Messebesucherin erzählt, sie sei Hebamme, interessiere sich aber für den Beruf der Bestatterin. «Geschnuppert habe ich schon einmal, nun möchte ich mich hier noch umsehen.» Geburt und Tod liegen in ihrem Berufsalltag immer wieder nah beieinander. «Ich könnte mir auch vorstellen, an einem anderen Punkt dieses Kreises Menschen zu begleiten.»

Welche Urne passt?

An der Bestattungsmesse zeigt die Branche, was sie zu bieten hat. Urnen aus Schweizer Holz, aus Filz oder aus nicht gebranntem Porzellan sind ausgestellt. Gerade hat Keramikerin Nathalie Heid eine solche «Wasserurne» verkauft. Das mattweisse Gefäss wird sich im Wasser langsam auflösen und gemeinsam mit der Asche der verstorbenen Person in einem Fluss, einem See oder dem Meer vergehen. Der frühe Tod eines Freundes hat Nathalie Heid auf die Idee gebracht, statt Geschirr oder Vasen Urnen anzufertigen. «Wir suchten damals lange nach einem stimmigen Gefäss.»

Es gibt immer wieder Hinterbliebene, die den Abschied dennoch in einer Kirche abhalten möchten.
Bettina Heiniger, freie Trauerrednerin

Am Stand gegenüber informieren freie Trauerrednerinnen über ihr Angebot. Sie versprechen «eine zeitgemässe und liebevolle Alternative zur kirchlichen Trauerfeier». Bettina Heiniger ist eine von ihnen. Sie findet es schade, dass Trauerrednerinnen in manchen Kirchen nicht willkommen sind. «Mir ist bewusst, dass ich nicht Theologin bin. Aber es gibt immer wieder Hinterbliebene, die den Abschied dennoch in einer Kirche abhalten möchten.»

Ein Helfer trägt weitere Stühle in den bereits gut besetzten Saal, in dem Bestatter Gyan Härri aus seinem Alltag berichten wird. Sein Unternehmen «Aurora» ist in Bern bekannt für unkonventionelle Angebote. So können sich Verstorbene mit dem Bestatter-Velo in das Krematorium chauffieren lassen. Den Vortrag verlässt man auch mit Wissen über sichere Todeszeichen.

Ich hätte gern mehr Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen an der Messe gehabt.
Johannes Ruchti, Organisator der Messe

Bestatter, Recycler für Material aus Krematorien, Sterbebegleiterinnen, sogar die «Swiss Spiritualist Church» mit einem Medium – alle sind sie gekommen. Aber wo sind die Landeskirchen? Eingeladen seien sie gewesen, sagt Organisator Johannes Ruchti. «Ich hätte gern mehr Vertreterinnen und Vertreter von Kirchen an der Messe gehabt.»

Die Kirche sollte offen sein – auch für neue Ar­ten des Ab­schied­­nehmens am Ende des Lebens.
Reto Beutler, Beratungsstelle «Leben und Sterben»

An einem der Stände ist dann doch noch das Signet der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn zu entdecken. Sie sind mit ihrer eigenen Beratungsstelle «Leben und Sterben» vertreten, die unter anderem im Berner Generationenhaus regelmässig ein «Trauercafé» veranstaltet. Die Beratung ist offen für alle, ungeachtet ihrer Konfession. «Wir haben eine christliche Grundhaltung und leben Nächstenliebe», sagt Stellenleiter Reto Beutler, der auch viele Jahre als reformierter Pfarrer tätig war. «Die Kirche sollte offen sein – auch für neue Arten des Abschiednehmens am Ende unseres Lebens.»