Recherche 29. November 2021, von Karin Meier

Star für zwei Nächte in der guten Stube

Tradition

Der beliebteste Christbaum hierzulande ist und bleibt der geschnittene Nadelbaum. Miet- und Kunststoffbäume sind eher Nischenprodukte. Am ökologischsten ist aber etwas anderes.

Sie gilt als sturmfest, mag Nordhänge und wurde 1842 im Gebiet des heutigen Georgiens von einem Biologen entdeckt, der ihr seinen Namen gab: die Nordmanntanne. Weil sie in geschnittenem Zustand ihre Nadeln nicht so schnell abwirft, hat sie sich zur wichtigsten Weihnachtsbaumart entwickelt.

Philipp Gut, Geschäftsführer der IG Christbaum, schätzt, dass hierzulande jeden Dezember rund 1,5 Millionen Christbäume verkauft werden. Neben Nordmanntannen seien es vorab Rot- und Weisstannen. Anders als früher würden die Bäume oft schon eine bis zwei Wochen vor Weihnachten gekauft.

Die beliebte aus Georgien

Der Landwirt Hans-Peter Luder vom Luderhof in Bütikofen produziert jedes Jahr rund 7000 Weihnachtsbäume. Neben den beliebten Nordmanntannen wachsen bei ihm auch Rot- und Weisstannen, Blautannen und Korktannen. Hans-Peter Luder bezieht die Bäume jung von einer regionalen Baumschule. Werden sie im Alter von zehn bis zwölf Jahren geschnitten, pflanzt er im Folgejahr Mais, Gras oder Weizen an, damit sich der Boden erholen kann. Die Schnittreste werden kompostiert, die zurückgebrachten Bäume und jene, die sterben, zu Holzschnitzeln verarbeitet. 

Die Nachfrage nach seinen regional und umweltfreundlich produzierten Christbäumen, insbesondere den Nordmanntannen, sei gross. Seine Nachfolger, die den Hof von ihm demnächst übernehmen würden, planten denn auch, die Anbaufläche auszuweiten.

Lange haltbar

Wer seinen Weihnachtsbaum gern gleich etliche Wochen bei sich haben möchte oder wem das jährliche Holen und Entsorgen zu aufwendig ist, kann einen im Topf mieten. Die Firma Ecosapin arbeitet mit lokalen Partnern zusammen. Diese beziehen von ihr besonders robuste Topftannen, liefern sie in ihrer Region aus und holen sie nach den Feiertagen wieder ab.

Wir freuen uns über Gäste im Wald, wenn sie sich auch wie Gäste verhalten.
Sandra Bossi, Waldeigentümerverband Schweiz

Ein solcher Partner ist die Sozialfirma Ufwärts in Münsingen. Sie bringt jedes Jahr rund 120 Topftannen zu Firmen und Privatpersonen. Jene Topftannen, die von den Kundinnen und Kunden regelmässig gewässert werden und den Stress vom kalten Feld in die warme Stube überleben, werden später ausgepflanzt und einige Jahre später als geschnittene Christbäume verkauft. Aus den anderen entsteht Biogas.

Eine Alternative zu echten Bäumen sind Tannen aus Kunststoff. Coop und Globus verzeichnen eine wachsende Nachfrage, auch wenn es sich noch um ein Nischenprodukt handle. Die Preise variieren stark: Kunststoffbäume sind mindestens gleich teuer, können aber auch das Mehrfache eines geschnittenen Tannenbaums kosten. Dafür lassen sie sich mehrere Jahre nutzen.

Natur pur im Wald

Kostenlos ist der Weihnachtsbaum, den man gleich im Wald aufsucht und schmückt. Dies sei grundsätzlich erlaubt, sagt Sandra Bossi von Wald Schweiz, dem Verband der Waldeigentümer: «Wir freuen uns über Besucherinnen und Besucher im Wald, solange sie sich wie Gäste verhalten.» Das bedeutet: sich an fix eingerichteten Plätzen und Feuerstellen aufhalten, um keine Tiere aufzuscheuchen, den Abfall und die Essensreste wieder mitnehmen und keinen Schaden verursachen, auch keine Wachsspuren an Bäumen.

Die Krippe ist eine Alternative, die erst noch bildlich an die Weihnachtsgeschichte erinnert.
Kurt Zaugg-Ott, Leiter der Fachstelle Oeku Kirchen für die Umwelt

Der Waldknigge im Internet erteilt Auskunft über das empfohlene Verhalten. Bei der Burgergemeinde Bern ist es gemäss Philipp Hug, Mitglied der Betriebsleitung, bis anhin zu keinen Beschwerden oder zu vermehrtem Littering gekommen, auch wenn die Zahl der Waldbesucherinnen und -besucher seit Corona zugenommen habe.

Die ökologischste Alternative

In Sachen Nachhaltigkeit schneiden laut «Kassensturz»-Test von 2019 Weihnachtsbäume aus dem lokalen Wald am besten ab, gefolgt von regional und möglichst pestizidfrei produzierten. Die Bio-Tannenbäume von Coop werden immer stärker nachgefragt. Auch die Burgergemeinde Bern baut in ihren Wäldern Christbäume an. Ihre Kulturen be­stehen aus den einheimischen Rot- und Weisstannen.

Neben dem Feiern in der Natur ist es ökologisch auch sinnvoll, auf den Baum ganz zu verzichten. Kurt Zaugg-Ott, Leiter der Fachstelle Oeku Kirchen für die Umwelt, sieht einen Tannenbaum aus christlicher Sicht ohnehin nicht als Muss: «Die Krippe ist eine Alternative, die erst noch bildlich an die Weihnachtsgeschichte erinnert.»

Waldknigge: www.afw-ctf.ch