In wenigen Tagen kehren Sie von Ihrem halbjährigen Literaten-Aufenthalt in Zürich nach Syrien zurück. Worauf freuen Sie sich?
Khaled Khalifa: Auf die Menschen, meine Freunde, meine vielen Verwandten, mein Bett und meine Wohnung. Ich freue mich darauf, kein Heimweh mehr zu spüren.
Über 5,5 Millionen Syrerinnen und Syrer haben wegen Krieg und Diktatur ihre Heimat verlassen. Wieso leben Sie weiterhin in Damaskus?
Syrien, das ist meine Heimat, mein Land, mein Zuhause – nichts wird das jemals ersetzen können. Meine Familie stammt aus dem Norden von Syrien. Dort sind meine Vorfahren begraben, und dort will auch ich begraben werden.
In Ihren Büchern kritisieren Sie Politik und Regime scharf. Fühlen Sie sich in Syrien sicher?
Hätte ich Angst, müsste ich Syrien verlassen. Ich mische mich nicht in die Politik ein, bin und war immer unpolitisch. Für das Regime bin ich somit uninteressant. Seit Kriegsausbruch vor zwölf Jahren haben die Machthaber andere Sorgen als einen Schriftsteller wie mich.
Ihre Bücher sind in Ihrer syrischen Heimat aber verboten.
Trotzdem werden sie gelesen. Heute ist ja fast alles online frei zugänglich. Die Leute laden die Bücher im Internet herunter oder erwerben sie im Libanon. Eigentlich ein Witz. Es ist vergleichbar mit Cannabis: Offiziell ist es verboten, konsumieren tun es trotzdem alle. Aber natürlich träume ich davon, dass meine Bücher eines Tages in den syrischen Buchhandlungen erhältlich sind. Denn das würde bedeuten, dass die Leute in Syrien in Freiheit leben.
Wie muss man sich Ihren Alltag in Damaskus vorstellen?
Es mangelt an Essen, Benzin, Öl. Strom gibt es oft nur ein paar Stunden am Tag. Zudem herrscht Inflation, die Preise steigen, und die Leute haben praktisch kein Geld. Rund 90 Prozent aller Menschen leben in Armut und sind abhängig vom Geld, das Verwandte aus dem Ausland schicken. Mir geht es vergleichsweise gut. Ich brauche nicht viel zum Leben, weil ich weder Frau noch Kinder habe.
Wie hat sich Ihr Leben in den letzten Jahren verändert?
Wir haben alles verloren – vor allem unsere Hoffnungen und Ideale.