Das Bewahren der Schöpfung ist der Kirche ein grosses Anliegen. Warum braucht es da eine Selbstverpflichtung zur Tierfreundlichkeit?
Eveline Schneider Kayasseh: Die biblische Botschaft überträgt dem Menschen die Verantwortung für die Tiere. Wir alle sind aufgerufen – und ganz besonders die Kirchen mit ihrer Vorbildfunktion – die Stimme für die Tiere zu erheben, sie vor Ausbeutung und Grausamkeit zu schützen. Nutztiere werden oft als Ressource statt als Individuen mit eigenen Bedürfnissen und Interessen wahrgenommen. Das führt zu viel Tierleid. Hinzu kommt: Wenn Tiere leiden, wenn es ihnen schlecht geht, geht es auch uns Menschen oft nicht gut. Ich denke an den Klimawandel, der alle Geschöpfe auf der ganzen Welt gleichermassen betrifft. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft, zum Guten wie zum Schlechten. Zusammen mit den Kirchgemeinden wollen wir mit der Selbstverpflichtung ein Zeichen setzen für einen lebensfreundlicheren und rücksichtsvolleren Umgang mit den Tieren, zum Wohl aller Geschöpfe.
Macht die Kirche zu wenig für Tiere?
Christoph Ammann: Das würde ich schon sagen. Viel zu wenig sogar. Mit dem neuen Legislaturziel 2020-24, umweltfreundlicher und nachhaltiger zu sein, nimmt die Zürcher Landeskirche den Klimawandel jetzt zwar ernst. Aber das Tierwohl im Speziellen wird nicht als wichtiges und dringliches Thema angeschaut. «Bewahrung der Schöpfung» ja, Umstellung auf Solarenergie gerne, aber Verzicht auf Fleisch bitte nicht. Der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Fleischkonsum zum Beispiel wird vielerorts ausgeblendet. Ich habe immer noch den Eindruck, die Tiere haben in der Kirche keine Stimme. Wo Menschen diskriminiert werden, erheben die Kirchen laut ihre Stimme. Das ist auch gut so. Aber wenn es um Tiere geht, schweigen die Kirchen. Daran hat sich wenig geändert.