Nicht in die Schuldenfalle tappen

Diakonie

Wenn das Geld nicht mehr zum Leben reicht, Mahnungen oder Schulden belasten, bieten Organisationen wie die Streetchurch Hilfe an. Je früher die Beratung beginnt, desto besser.

Die finanzielle Lage wird für viele Menschen immer enger. Lebensmittel, Mieten, Energiekosten, öffentlicher Verkehr und Krankenkassenprämien: Die Preise stiegen in den vergangenen Monaten an vielen Orten. «Viele Leute haben wenig oder gar keinen Teuerungsausgleich erhalten», sagt Andrea Steiger, Leiterin Sozialberatung bei der Streetchurch in Zürich, «etwa jene, die im Stundenlohn arbeiten.»

Das Risiko, in finanzielle Schieflage zu geraten, nimmt deshalb zu. Doch bevor man die Rechnungen nicht mehr bezahle oder sich verschulde, solle man unbedingt Hilfe in Anspruch nehmen, sagt Steiger: «Je früher man zu uns kommt, desto besser können wir helfen.» 

Ein Anruf genügt

Im Kanton Zürich bieten mehrere kirchliche und staatliche Fachstellen kostenlose Finanz- und Schuldenberatungen an. Weil Sorgen rund um Geld meist schambehaftet sind, gibt es unterschiedliche niederschwellige Kontaktmöglichkeiten. 

Bei der Schuldenberatung der Caritas können sich Ratsuchende anonym per Telefon oder online melden und beraten lassen. In der Pestalozzi-Bibliothek Zürich-Altstadt erhalten Interessierte in der sogenannten Moneythek wöchentlich ohne Voranmeldung Auskunft zu Geldfragen. Auch die reformierte Streetchurch kann über verschiedene Kanäle erreicht werden. Ein SMS oder ein Anruf genügt für den ersten Kontakt. Wer möchte, geht persönlich in der einladenden Kaffeebar an der Badenerstrasse vorbei und meldet sich an der Theke.  

Unterstützung bei Geldsorgen: pbz.ch/moneythek, streetchurch.ch, caritas.ch/schuldenberatung, schulden-zh.ch 

Die Streetchurch, die in sozialen Integrationsprojekten mit jungen Menschen arbeitet, verantwortet für die reformierte Kirche Zürich seit dem Jahr 2020 die kirchliche Sozialberatung für Menschen bis 65 Jahre. Die Schwerpunkte liegen dabei auf Budget, Schulden, Administration und Selbstorganisation.  

​Viele Haushalte betroffen​

«In einem Erstgespräch verschaffen wir uns einen Überblick über die Gesamtsituation», sagt Sozialarbeiterin Steiger. Bei manchen Leuten reiche eine Kurzberatung mit einem bis vier Terminen. Mitunter brauche es eine längere Begleitung. «Ratsuchende mit hoher Verschuldung und Option auf Schuldensanierung leiten wir an die Schuldenberatung des Kantons weiter.»

2021 lebten in der Schweiz laut Erhebungen des Bundesamts für Statistik 14,9 Prozent der Bevölkerung in einem Haushalt mit mindestens einem Zahlungsrückstand. Personen mit tiefem Einkommen, alleinerziehende Mütter und Väter, grosse Familien und Menschen mit Migrationshintergrund sind davon besonders häufig betroffen.

Ratsuchende mit hoher Verschuldung und Option auf Schuldensanierung leiten wir an die Schuldenberatung des Kantons weiter.
Andrea Steiger, Sozialberatung Streetchurch Zürich

Steuerschulden sind häufig

Ursache für eine finanzielle Notlage sind oft einschneidende Lebensereignisse wie Scheidung oder Jobverlust, Unfall oder Krankheit. «Bei sowieso schon knappem Budget genügt manchmal eine einzige grosse Rechnung, zum Beispiel für eine Zahnbehandlung, um die Abwärtsspirale in Gang zu setzen», sagt Steiger.  

Statt einen Kleinkredit aufzunehmen, lohnt es sich, mit dem Rechnungssteller realistische Ratenzahlungen zu vereinbaren. «Oft hilft es, wenn jemand von uns das Gespräch mit dem Gläubiger führt», sagt Steiger. In Einzelfällen kann eine Stiftung für einen Zuschuss angefragt werden, zum Beispiel an eine Zahnspange für das Kind. Solche Gesuche müssen in der Regel durch eine soziale Institution wie die Streetchurch gestellt werden. 

Den Steuerbehörden schulden in der Schweiz Menschen am häufigsten Geld. Der Grund dafür ist: Die Steuern sind im betreibungsrechtlichen Existenzminimum nicht enthalten. Schaffen es Personen mit einer Lohnpfändung also nicht, ihre Steuern zu zahlen, verschulden sie sich erneut.

Schuldenschnitt

Das geltende Recht macht es verschuldeten Personen in der Schweiz fast unmöglich, sich von ihren Geldschulden zu befreien. Der Bund will ihre Situation nun mit einer  Gesetzesän-derung verbessern. Ein Sanierungsverfahren mit Restschuldbefreiung soll den verschuldeten Haushalten eine zweite Chance geben. Damit erhofft man sich positive Effekte auf die Gesundheit sowie die soziale und berufliche Integration der Betroffenen.