Recherche 15. Juni 2021, von Marius Schären, pd

Kommunikation, Bildung, Schöpfung: Da will die EKS handeln

Sommersynode

Drei «Handlungsfelder» hat die Synode der Evangelischen Kirche Schweiz neu festgelegt. Damit soll die kirchliche Gemeinschaft gestärkt werden.

Organisatorisch ganz neu und inhaltlich explizit gewichtend: Das Traktandum 6 der Sommersynode der Evangelischen Kirche Schweiz (EKS) hatte es eigentlich in sich, ausgedehnt diskutiert zu werden – hatte doch schon die Verabschiedung des Finanzreglements Stunden gedauert. Doch das Geschäft ging letztlich reibungslos über die Bühne: Die EKS hat jetzt die drei Handlungsfelder Kommunikation, Bildung und Berufe sowie Bewahrung der Schöpfung.

«Handlungsfelder sollen Akzente setzen und sind für drei bis sechs Jahre als mittelfristige Schwerpunkte gedacht», sagte EKS-Ratspräsidentin Rita Famos zum Auftakt der Debatte. Der Rat hatte die drei Handlungsfelder erarbeitet und legte sie der Synode (dem Parlament) vor. Es seien Führungsinstrumente der Synode, die die bereits bestehenden Möglichkeiten ergänzen sollen, Kommissionen einzurichten und Konferenzen einzuberufen. Und Famos betonte: «Es gibt wichtige und grosse Herausforderungen, die nicht einzelne Kirchen bewältigen können müssen. Und es ist ein zentrales Anliegen der neuen Verfassung, eine Kirchengemeinschaft zu werden.»

Gedacht, um dynamisch zu handeln

Wann ein Thema Handlungsfeld werden kann, definiert der schliesslich verabschiedete Antrag des Rates an die Synode. Notwendig und dringlich soll es sein, es gemeinsam anzugehen, heisst es. Weiter muss ein Handlungsfeld vier Punkte erfüllen:

  1. den kirchlichen Auftag schärfen, profilieren und positionieren
  2. die Kommunikation des Evangeliums in der Öffentlichkeit verbessern – «angesichts neuer gesellschaftlicher Bedingungen»
  3. kirchliche Strukturen bündeln im jeweiligen Bereich
  4. die EKS und die Mitgliedskirchen in ihrem Wirken stärken

Als formale Bedingung brachten die Ostschweizer Kirchen zudem via Antrag durch, dass der EKS-Rat für ein Handlungsfeld nach zwei Jahren ein Zwischenbericht präsentieren muss und nach vier Jahren einen Schlussbericht. Das ergebe «mehr Dynamik und weniger Verwaltung», argumentierten die Antragstellenden.

EKS will sich zu «Ehe für alle» einbringen

Die Synode schrieb die Motion «Familie – Ehe – Partnerschaft – Sexualität aus evangelisch-reformierter Sicht» ab. Sowohl der Rat als auch die Motionäre betonten, dass die Arbeit in diesen Themenfeldern weitergehen müsse, da die Kirche hier einen wichtigen Beitrag in der gesellschaftlichen Diskussion leisten kann. Im Vorfeld der Abstimmung zur «Ehe für alle» im Herbst und auch zukünftig wird sich die EKS gemäss Präsidentin Rita Famos in diese gesellschaftliche Debatte einbringen.

Handlungsfelder ersetzen nicht die sieben ständigen Ressorts der EKS-Ratsmitglieder, sondern ergänzen sie. Sind Handlungsfelder von der Synode beschlossen, hat der Rat pro Handlungsfeld die Rohfassung eines Mandats zu erstellen und für die Umsetzung einen strategischen Ausschuss einzusetzen. Geleitet werden diese je von einem Ratsmitglied, die Mitglieder des Ausschusses werden rekrutiert aus Leitungspersonen und Synodalen der Mitgliedskirchen der EKS und aus externen Fachpersonen der jeweiligen Bereiche.

Konkrete Vorschläge vom Rat an die Kirchgemeinden

Die Ausschüsse müssen dann Vorschläge entwickeln, wie «den Herausforderungen begegnet und die genannten Ziele erreicht werden könnten», heisst es im Antrag für die Handlungsfelder. Ratspräsidentin Rita Famos betonte, dass die Arbeit der Ausschüsse nur strategisch sei: «Sie führen nichts aus.»

Die Vorschläge der Ausschüsse kommen dann wieder in den EKS-Rat, der sie «in geeigneter Art und Weise zur Umsetzung zu bringen» hat. Ratsmitglied Pierre-Philippe Blaser führte als Beispiel zum Handlungsfeld Bewahrung der Schöpfung aus, dass es nicht um ein weiteres Parteiprogramm gehe, sondern um «grundsätzliche Handlungsprinzipien», die den Kirchgemeinden schliesslich konkret nützen würden etwa in Fragen zur Mobilität oder zu Vermögensanlagen.

Grosse Zustimmung quer durchs Land

So kompliziert das klingt, so positiv reagierten die Synodalen. Weder formal noch inhaltlich kam dem EKS-Rat in der Besprechung seines Antrags fundamental Kritik entgegen. Die Geschäftsprüfungskommission beurteilte die vorgeschlagenen drei Handlungsfelder als «schlüssig und nachvollziehbar». Die Synodale Lilian Bachmann meinte als Sprecherin für die Kirchen der Zentralschweiz und des Tessins, die Fahrtrichtung stimme. Christoph Knoch für Bern-Jura-Solothurn und Esther Straub für Zürich zeigten sich «erfreut» und nannten die Themen «sehr sinnvoll gewählt».

Kirche soll Haltung zeigen in Flüchtlingstragödien

Der Rat beantwortete des Weiteren eine Interpellation zu den Folgen der letztjährigen Resolution «Zur Lage in Moria und auf den griechischen Inseln». Der Berner Synodale Dominik von Allmen-Mäder appellierte an die EKS, das Thema nicht aus den Augen zu verlieren. Weltweit sind rund 80 Millionen Menschen auf der Flucht. Die Kirche solle Haltung zeigen: «Durch Mitgefühl für Betroffene, durch Zorn, dass sich Situation nicht bessert, durch Hoffnung, dass es Alternativen gibt», forderte von Allmen.

Nicht oder noch nicht als weitere Handlungsfelder kamen Versöhnung und «Erkennbarkeit der lebensweltlichen Relevanz des Glaubens an Gott» durch. Die Evangelischen Frauen Schweiz brachten Friede und Versöhnung ein, die Nordwestschweizer Kirchen Versöhnung und die «Erkennbarkeit» anstelle von Bildung und Bewahrung der Schöpfung. Mit der Erkennbarkeit wollte der basellandschaftliche Synodale Christoph Herrmann die inhaltliche Umsetzung von Anliegen der Kirche verständlicher gemacht sehen. «Wir reden über Streaming – aber nicht darüber, was wir streamen und wer das verstehen soll», sagte er.

Ratspräsidentin Rita Famos fand Herrmanns Ausführung zwar «überzeugend» und sah die genannten Themen «auch in der Luft». Aber es bräuchte mehr Zeit, die Vorschläge für entsprechende Handlungsfelder auszuformulieren. Die Synode sah das im Ganzen offenbar ähnlich: Fast einstimmig wurde am Schluss der Antrag mit 67 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme angenommen.

Der Antrag für die drei Handlungsfelder mit inhaltlichen Ausführungen ist hier auf der Website der EKS als PDF verfügbar.

Geld für ökumenisches Institut und Organisationen

Für das Ökumenische Institut Bossey und seinen Stipendienfonds 2022 beschlossen die Synodalen eine Sammlung mit der Zielsumme von 60'000 Franken durchzuführen.

Den Organisationen DM und Mission 21 wurde ein Sockelbeitrag von rund einer Million Franken für 2022 zugesprochen. Dabei erhält DM 22,5 Prozent der Summe und Mission 21 77,5 Prozent.