Recherche 22. Dezember 2020, von Delf Bucher

«Wir müssen unsere Hände brauchen, um Gott zu helfen»

Advent

Grossmünsterpfarrer Christoph Sigrist lancierte das Hoffnungsfeuer mitten in der Züricher Altstadt auf der Limmat und war plötzlich mittendrin in der Weihnachtsgeschichte.

Wenn ich in die züngelnden Flammen des Hoffnungsfeuers auf der Limmat schaue, tauchen schnell biblische Bilder in mir auf: von den frierenden Hirten, die sich um das Feuer auf der Hochebene von Bethlehem kauern.

Und dann beginne ich auch den Ruf des Engels zu hören: «Fürchtet euch nicht!» Für mich schwingt darin untergründig Politisches mit: die Unterdrückung durch die Römer, das Gemetzel beim Kindermord in Bethlehem, die Flucht von Jesus selbst.

Leben aus dem Gottvertrauen

Es ist eine Botschaft, die nicht zuerst in gemauerten Kirchen erschallte, sondern draussen auf dem Feld. Und draussen bei den Armen in Peru oder Rumänien habe ich auch gelernt, was für eine Kraft diese Botschaft im Leben der Campesinos und Kleinbauern entfaltet. Ich lernte dort Menschen kennen, die aus dem Vetrauen auf Gott leben. Menschen, die trotz Tod und Unglück, trotz Wind und Wetter ihre Kompassnadel darauf ausgerichtet haben und fest darauf vertrauen: Am Ende kommt es gut.

Dieses Vertrauen ist keine Posi­tive-Thinking-Botschaft, sondern eine Ermutigung, unsere Hände zu nutzen, um Gott zu helfen. Wie die Leute in Lateinamerika, die nach dem Hurrikan dem Nachbarn beim Aufbau des zerstörten Hauses helfen, die Flüchtlinge, die ihre kärgliche Nahrung mit anderen, die gar nichts haben, teilen.

Wenn bei mir in Not geratene Menschen anklopfen, will ich ihnen keinen billigen Trost bieten. Ich darf dieses Engelwort «Fürchtet euch nicht» nicht als leere Floskel von der Kanzel predigen, sondern muss aktiv werden für die Menschen in Not.

Menschen, die trotz Tod und Unglück, trotz Wind und Wetter fest darauf vertrauen: Am Ende kommt es gut.

Die Botschaft gegen die Angst ist eine Aufforderung zur «gelebten Diakonie». Mit Geld, Seelsorge oder Informationen will ich Leuten nach Schicksalsschlägen wie Arbeitslosigkeit oder Scheidung helfen, wieder auf die Beine zu kommen.

Eine Versöhnungsgeschichte

Bereits im Advent ist für mich das Hoffnungsfeuer zur Weihnachtsgeschichte geworden. Es hat schon gebrannt, bevor das erste Streichholz entzündet wurde. Denn viele helfende Menschen hat es gebraucht, ein ganzes Netzwerk von Sicherheitskräften und Schreinern und Sponsoren, um die Idee umzusetzen.

Eine Geschichte hat mich besonders berührt: Einer der Feuerwehrmänner erzählte mir, dass er jetzt ein Feuer hüte, wo 2007 sein Kamerad beim Grossbrand des Zunfthauses der Zimmerleute den Tod gefunden habe. Für den Feuerwehrmann ist dies nun eine Hoffnungs- und Versöhnungsgeschichte zugleich.

Ein Feuer öffnet die Herzen

Für mich wiederum ist dieser Bericht ein Beweis, wie symbolhaft das Hoffnungsfeuer für das Weihnachtsgeschehen steht, wie es die Herzen aufmacht und selbst die Lebenden mit den Toten zusammenführt.