Professur statt Kirchenratspräsidum

Kirchenratswahlen

Die Theologin nimmt eine Professur in Deutschland an und zieht ihre Kandidatur für das Kirchenratspräsidium der Zürcher Landeskirche zurück.

Die Spekulationen hielten bereits eine Weile an, nun ist es offiziell: Sabrina Müller zieht ihre Kandidatur für das Kirchenratspräsidium zurück. Die 43-jährige Theologin bestätigt auf Anfrage, dass sie eine Professur in Deutschland annehmen wird. Müller arbeitet seit 2015 an der Universität Zürich und ist dort die Geschäftsleiterin des Universitären Forschungsschwerpunkt Digital Religion(s). «Obwohl mir das Amt des Kirchenratspräsidenten sehr zusagen würde, und ich mich mit Herzblut für die Kirchenpolitik eingesetzt hätte, habe ich mich für eine berufliche Perspektive entschieden, die für meine Karriere den richtigen Schritt darstellt», erklärt sie gegenüber «reformiert.»

Dominik Zehnder nominiert

Die Liberale Fraktion hat Dominik Zehnder als Kandidat für den Kirchenrat nominiert. Er ist in Bülach als Pfarrer tätig und zwischen 2013 und 2023 Mitglied der Synode. Im Kirchenrat wolle Dominik Zehnder die Zusammenarbeit zwischen Kirchgemeinden und landeskirchlichen Stellen weiter fördern, heisst es in der Medienmitteilung der Liberalen. Dabei versteht er sich auch als Vertreter jener Mitglieder, die selten in der Kirchen anzutreffen sind. Aus Pfarramt, Dekanat und weiteren Gremien bringe der 1963 geborene Theologe ein breites Netzwerk mit.

Mit Zehnder und Katharina Kull, die erneut zur Wahl antritt, wollen die Liberalen ihre beiden Sitze im Kirchenrat halten. Ihr Anspruch dürfte unbestritten sein, da sie zur stärksten Kraft aufgestiegen sind im Kirchenparlament. Allerdings tritt auch Andrea Bianca erneut zur Wahl an. Der Küsnachter Pfarrer ist seit 16 Jahren Mitglied des Kirchenrats, seit 2015 dessen Vizepräsident. Die Liberale Fraktion nominierte Bianca nicht mehr und zog ihm Sabrina Müller vor. Der Pfarrer steigt nun ohne Fraktion ins Rennen. (fmr)

Müller betont, dass die akademischen Bewerbungsverfahren bereits seit mehr als einem Jahr, lange bevor sie sie sich von der liberalen Fraktion für die Wahl nominieren liess, im Gang gewesen seien. «Diese Verfahren sind sehr komplex und können bis zu zwei Jahren dauern», erklärt sie. Gegenüber der Wahlkommission der Liberalen habe sie stets mit offenen Karten gespielt. «Unsere Zusammenarbeit war grossartig und ich habe diese sehr geschätzt», sagt sie. Dass sie nun diese Zusage aus Deutschland erhalten hat, damit hätte sie nicht gerechnet, «denn die Chancen auf einen renommierten Lehrstuhl seien doch eher gering.»

Bitte kein Jekami

Der Rückzieher von Sabrina Müller verändert die Ausgangslagen für die Wahlen am 21. November erneut. Vor ein paar Wochen erst gab der derzeitige Amtsinhaber Michel Müller (Synodalverein) bekannt, ebenfalls nicht mehr anzutreten, da er ins Pfarramt zurückkehren wolle. Damit verbleibt derzeit fürs Präsidium einzig noch die Kandidatin von den Religiös-sozialen, die bisherige Kirchenrätin Esther Straub. Hat diese nun ein leichtes Spiel?

«Freude» oder gar einen «Triumpf» empfindet der Fraktionspräsident der Religiös-sozialen, Manuel Amstutz, nicht. «Grundsätzlich ist klar, dass es einer Demokratie immer guttut, eine Auswahl zu haben», sagt er auf Anfrage. Dass die Situation volatil sei, ändere nichts an der Tatsache, «dass wir zwei fähige Frauen aufgestellt haben», neben Esther Straub auch die Juristin Eva Schwendimann als Mitglied für den Kirchenrat. «So gesehen sind wir als Fraktion ein stabiles und verlässliches Gegenüber», betont Amstutz. Nun müsse man die gemeinsame Verantwortung wahrnehmen und mit den Synodalen eine Regierung zusammenstellen, die die nächsten vier Jahre gut arbeiten kann.

Amstutz mahnt die anderen Fraktionen davor, übermütig zu werden und sich nicht an die Konkordanz zu halten. «Was wir nicht wollen, ist ein Jekami», sagt er, eine Zufallswahl nach Tagesform. Im letzten Moment einen Namen auf den Zettel zu schreiben, was offenbar gewisse Synodale vorhätten, sei seiner Meinung nach unseriös, weil die Personalien nicht gründlich geprüft werden können. Ausserdem würde das «grosse Gefahr für die Zusammenarbeit mit sich bringen».

Es bleibt spannend. Denn Kandidaturen sind grundsätzlich bis zum Wahltag möglich. Für die Neubesetzung des Kirchenrats stehen sieben Kandidaturen für sechs Sitze zur Auswahl. Unter den aktuellen Mitgliedern, die erneut antreten, befinden sich Andrea Marco Bianca, Katharina Kull-Benz, Margrit Hugentobler und Bruno Kleeb. Der Synodalverein hat vor Kurzem Thomas Villwock nominiert, und für die Evangelisch-kirchliche Fraktion tritt neu Franco Sorbara an. Eva Schwendimann wird, wie oben erwähnt, von den Religiös-sozialen unterstützt.