Wenn die Nonne zu tanzen beginnt

Theater

Lea Gafners Buch über die Wirren der Reformationszeit wird in Chur aufgeführt. Feurige Jugendliche proben mit einem einfühlsamen Regisseur..

Verlegen sitzt sie auf der Bühne, die Nonne, neben einem Mönch. Er hat sie angesprochen, nun muss sie entscheiden. Soll sie den Regeln für Nonnen folgen, oder ihrem Verlangen? Zeit bleibt ihr wenig, es naht eine Hochzeitsgesellschaft, Musik ertönt, die Nonne wird vom Mönch fortgerissen, hoch auf die Bühne, hin zur ausgelassenen Gesellschaft. Und sie beginnt zu tanzen.

Jung. «Die Nonne tanzt» heisst das Buch der ehemaligen Schierser Maturandin Lea Gafner. Es führt ins Jahr 1523, mitten in die Wirren der Reformation. Im Mittelpunkt steht eine Frau, die sich entscheiden muss. Will sie Geborgenheit oder Aufbruch, Treue zum Klarissenorden oder die eheliche Liebe? Für ihre Maturaarbeit recherchierte Lea Gafner diesen Stoff, die Personen tragen historische Namen, der Roman aber ist fiktiv.

Dass es nun auf die Bühne kommt, liegt unter anderem an Cornelia Mainetti. Die kirchliche Beauftragte für Tourismus las vor zwei Jahren das Buch und war begeistert. Sie organisierte das Konzept, suchte Sponsoren und stemmte am Ende ein Budget von rund 60 000 Franken. «Es ist eine junge Autorin, also haben wir einen professionellen Regisseur angesprochen, der bereit war, mit jungen Bündnerinnen und Bündnern zu arbeiten.»

«Anfangs war ich skeptisch bei diesem Stück», sagt Cosma, eine dieser jungen Darstellerinnen. Zu fremd schien ihr die Zeit, zu religiös die Sprache. Doch der Eindruck hat sich mit den Proben verändert. «Wir bringen etwas Komödia­ntisches in den Text, er beginnt zu le­ben», beobachtet sie. «Die Menschen da­mals waren gar nicht anders, wie wir heute», ergänzt Charlotte, «die gleichen Gefühle und Launen. Sie hatten viele Regeln und wünschten sich Freiheit.» Seit einem Vierteljahr ist das Ensemble an der Arbeit, es probt wöchentlich, viel Zeit bleibt nicht mehr bis September.

Christan Sprecher, gebürtiger Aroser und Profi-Schauspieler, führt Regie, Felicitas Heyerick hat die Stückfassung geschrieben und wirkt als Dramaturgin mit. Er lässt es ruhig angehen an diesem Abend. «Vergesst alles, was Ihr über Nonnen wisst. Heute proben wir die Party schlechthin. Findet Ihr, dass man Stühle auf einer Hochzeit haben soll?» Schritt für Schritt entwickelt er mit den jungen Schauspielerinnen und Schauspielern das Stück. Wie fühlt sich eine Nonne an diesem Fest? Was denkt der Mönch? Wie soll die Hochzeitsgesellschaft reagieren?

«Ich nutze die Ressourcen und die Spiellust, welche die jungen Menschen selber mitbringen», erläutert Christian Sprecher seine Zurückhaltung. Er will nicht überstülpen, sondern im besten Fall Impulse geben. «Wir sammeln, dann sortieren wir und platzieren es auf der Bühne.» Von Minute zu Minute wird die Szene dichter. Die Dialoge holpern weniger, es funkt zwischen Nonne und Mönch, die Hochzeitgesellschaft kommentiert die sich anbahnende Romanze immer zynischer.

Vernünftig. Cornelia Mainetti kommt oft zu den Proben und schaut zu. Sie ist fasziniert von der Arbeit des Regisseurs und dem Feuer der Jugendlichen. Der Funke scheint übergesprungen, nicht nur zu ihr. «140 Karten haben wir bereits verkauft, obwohl wir noch gar nicht mit der Werbung begonnen haben», sagt die Tourismusbeauftragte. Und abgesehen davon glaubt sie an das Motto auf der Tür zur Postremise: «Nicht nur was rentiert, ist vernünftig.»