Schwerpunkt 23. Februar 2021, von Dr. Professor Dada *

Doppelt hält besser, und dreifach wirkt lustiger

Die Maske

Augensprache ersetzt die Mimik nicht. Unter anderem das zeigt unser Schwerpunkt mit einem Spitalclown, einem Soziologen, stark betroffenen Arbeitenden und Kindern von 6 bis 16.

Stellen Sie sich vor, die Schutzmas­ke gegen Covid-19 wäre eine rote Clownnase. Die ist nämlich die kleinste Maske der Welt. Bei den Pressekonferenzen hätten all die Da­men und Herren diese rote Maske an, Alain Berset mit Clown­nase! Es gibt grosse, kleine, ecki-ge, ovale, knollige, spitze, lange, ku­gelrunde Clownnasen, für jeden Gusto, einfach dicht müssen sie sein. Nein, nicht Sie, die Masken.

Im Moment reicht die kleinste Mas­ke der Welt aber nicht. Auch gut. Die Menschen tragen die offizi­ellen Hygienemasken oder neu die FFP2, die Globimaske. Andere schmücken sich mit Stoffmasken mit Blumen, Schneefrauen und Kantonswappen drauf. Kinder mögen Masken mit Säuli, Haifisch­zähnen und Spiderman, hahaha ... Das Leben mit Masken ist bunt. Im Kinderspital trug ich erst den transparenten Gesichtsschild.

Wegen des mutierten Virus ziehe ich nun die üblichen Hygiene­masken an, die wir Clowns auch in Rosa und Violett bestellt haben. Jetzt können mich die Kinder weni­ger gut sehen, obwohl Mimik und Lippenlesen enorm wichtig sind. Deshalb machen wir auto­matisch mehr mit unserem Körper, mehr Slapstick. Babys schauen in die Augen, diese sind ihr Kom­mu­ni­­kations­fixpunkt, unsere Augensprache ist geblieben.

Der lustige Schreckmoment

Auf meine Maske klebe ich oft eine halbe rote Clownnase: eine dop­pelte Doppel-Maske. Doppelt hält besser, sagte ich mir, denn meine kleine Clownnase auf meiner Nase unter der Maske bleibt natürlich drauf, so dass ich einem Kind auch mal mein wahres Gesicht zeigen kann, mit Abstand, klar. Das gibt dann meistens ein Lachen oder einen lustigen Schreckmoment. Die Authentizität ist für Clowns elementar. Und genauso wichtig ist es, dass wir alle in der Krise den Humor nicht verlieren. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.

Die «kleine Rote» trage ich mit Stolz und Würde! Die Kinder und Erwachsenen nennen mich Dada oder Dr. Professor Dada. An diesem Titel arbeite ich seit mehr als 22 Jah­ren. Ich musste viel studieren, sinnieren, flanieren und schwitzen dafür. Ja, und wissen Sie was: Ich bin noch nicht fertig damit.

Die Freiheit des Narren

Wir Clowns sind zutiefst empathisch euch Menschen gegenüber. Als Clown werte ich nicht, ich reflektiere höchstens aus meiner Er­fahrung heraus. Clowns stolpern, fallen und verlieren zwar, aber sie stehen immer wieder auf. Das wollen die Menschen sehen und da­­rüber lachen. Es erleichtert sie. Lachen ist gesund.

Auf der Tarotkarte läuft der Narr mit dem Znünibündel am Ste­cken über die Klippe hinaus und winkt dem Betrachter lachend zu, auf dass er ihm folge. Kinder fol­gen dieser Figur voller Vertrauen, und alle bleiben dabei heil. Der Archetyp Clown lässt sich nicht frustrieren, weil er sich der Repression eines Systems bewusst ist und sich nicht unterdrücken lässt. Er beherrscht die Kunst, im richtigen Moment das Falsche zu machen. Er ist frei, narrenfrei.

Bei aller Freiheit eines Clowns kommt er im Moment nicht um die Hygienemaske herum. Diese gehört vorläufig zu seinem Alltag und besonders zu uns Spitalclowns im Kispi Zürich. Die Kinder sehen uns trotzdem als Clowns. Zu den anderen Menschen sagen sie «Maskenmenschen». Ich hoffe, nur noch bis zum Sommer – Clownprognose!

* Urs Sibold

* Urs Sibold

Der 50-Jährige ist Clown, Musiker und Künstler und lebt auf dem Pfefferberg.