Stellen Sie sich vor, die Schutzmaske gegen Covid-19 wäre eine rote Clownnase. Die ist nämlich die kleinste Maske der Welt. Bei den Pressekonferenzen hätten all die Damen und Herren diese rote Maske an, Alain Berset mit Clownnase! Es gibt grosse, kleine, ecki-ge, ovale, knollige, spitze, lange, kugelrunde Clownnasen, für jeden Gusto, einfach dicht müssen sie sein. Nein, nicht Sie, die Masken.
Im Moment reicht die kleinste Maske der Welt aber nicht. Auch gut. Die Menschen tragen die offiziellen Hygienemasken oder neu die FFP2, die Globimaske. Andere schmücken sich mit Stoffmasken mit Blumen, Schneefrauen und Kantonswappen drauf. Kinder mögen Masken mit Säuli, Haifischzähnen und Spiderman, hahaha ... Das Leben mit Masken ist bunt. Im Kinderspital trug ich erst den transparenten Gesichtsschild.
Wegen des mutierten Virus ziehe ich nun die üblichen Hygienemasken an, die wir Clowns auch in Rosa und Violett bestellt haben. Jetzt können mich die Kinder weniger gut sehen, obwohl Mimik und Lippenlesen enorm wichtig sind. Deshalb machen wir automatisch mehr mit unserem Körper, mehr Slapstick. Babys schauen in die Augen, diese sind ihr Kommunikationsfixpunkt, unsere Augensprache ist geblieben.
Der lustige Schreckmoment
Auf meine Maske klebe ich oft eine halbe rote Clownnase: eine doppelte Doppel-Maske. Doppelt hält besser, sagte ich mir, denn meine kleine Clownnase auf meiner Nase unter der Maske bleibt natürlich drauf, so dass ich einem Kind auch mal mein wahres Gesicht zeigen kann, mit Abstand, klar. Das gibt dann meistens ein Lachen oder einen lustigen Schreckmoment. Die Authentizität ist für Clowns elementar. Und genauso wichtig ist es, dass wir alle in der Krise den Humor nicht verlieren. Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Die «kleine Rote» trage ich mit Stolz und Würde! Die Kinder und Erwachsenen nennen mich Dada oder Dr. Professor Dada. An diesem Titel arbeite ich seit mehr als 22 Jahren. Ich musste viel studieren, sinnieren, flanieren und schwitzen dafür. Ja, und wissen Sie was: Ich bin noch nicht fertig damit.
Die Freiheit des Narren
Wir Clowns sind zutiefst empathisch euch Menschen gegenüber. Als Clown werte ich nicht, ich reflektiere höchstens aus meiner Erfahrung heraus. Clowns stolpern, fallen und verlieren zwar, aber sie stehen immer wieder auf. Das wollen die Menschen sehen und darüber lachen. Es erleichtert sie. Lachen ist gesund.
Auf der Tarotkarte läuft der Narr mit dem Znünibündel am Stecken über die Klippe hinaus und winkt dem Betrachter lachend zu, auf dass er ihm folge. Kinder folgen dieser Figur voller Vertrauen, und alle bleiben dabei heil. Der Archetyp Clown lässt sich nicht frustrieren, weil er sich der Repression eines Systems bewusst ist und sich nicht unterdrücken lässt. Er beherrscht die Kunst, im richtigen Moment das Falsche zu machen. Er ist frei, narrenfrei.
Bei aller Freiheit eines Clowns kommt er im Moment nicht um die Hygienemaske herum. Diese gehört vorläufig zu seinem Alltag und besonders zu uns Spitalclowns im Kispi Zürich. Die Kinder sehen uns trotzdem als Clowns. Zu den anderen Menschen sagen sie «Maskenmenschen». Ich hoffe, nur noch bis zum Sommer – Clownprognose!