Da war sie, diese Wut, die sich in mir vom Bauch herkommend im Kopf staute. «Der Mann da drüben nervt mich. Er fährt ständig als Einziger in die andere Richtung», raunte ich bei einer Pause am Rand der Kunsteisbahn meiner Freundin zu.
In der Regel behalte ich solche Gedanken für mich – und ärgere mich auch noch lange danach. Doch an jenem Tag wurde mir bewusst: Wenn ich jetzt nichts sage, bleibt die Wut in mir. Auch das Gefühl, das Opfer von jemandem zu sein, der sich absichtlich danebenbenimmt. Zudem würde ich das Schlittschuhlaufen auf dem überfüllten Eis noch weniger geniessen können. Und das wollte ich nicht.
Was es auch immer für Störungen seien – lautes Musikhören im Bus, das Sich-Ausbreiten im Zugabteil, das Liegenlassen von Müll im Park: vor Kurzem habe ich mir vorgenommen, solche Situationen nicht mehr auf mir sitzen zu lassen. Aber als friedliebende Person fällt es mir schwer, andere zu massregeln. Hinzu kommt die Angst vor negativen Reaktionen. Ich will mich nicht blamieren oder gar in Gefahr bringen. Wie also lassen sich solche Konflikte am besten lösen?
Erwartungen anpassen
Um besser auf solche Situationen zu reagieren, sei es zunächst wichtig, sich selbst gut zu kennen und realistische Erwartungen an das eigene Verhalten zu stellen, sagt Anja Ostendorp, Leiterin des Instituts «Beratung, Mediation und Supervision» an der Berner Fachhochschule und Konfliktexpertin. Sei man etwa sehr harmoniebedürftig, habe als Kind gelernt, Konflikten auszuweichen, oder leide unter Angststörungen, gelte es, dies zu berücksichtigen. Man solle sich fragen, mit welcher Reaktion man sich wohlfühle und was zu einem passe.