Eigentlich wollte ich ja nach Kaliningrad. Aber dort kann es im Winter eisig werden, bis zu minus 29 Grad. Ausserdem gibt es im ehemaligen Königsberg, der Geburts- und Sterbestadt von Immanuel Kant, zwar allerlei Devotionalien wie Kant-Schokolade, Kant-Glühwein und Tassen mit dem Profil des Philosophen, aber an den Originalschauplätzen von Kants Existenz ist kein Stein mehr auf dem anderen.
Sein Geburtshaus fiel schon 1740 einer Strassenerweiterung zum Opfer; sein Wohnhaus, in dem er in seinen letzten zwei Jahrzehnten die wichtigsten Schriften verfasste, wurde 1893 abgebrochen. An Kants Existenz erinnert in Kaliningrad wenig. Etwa die Nachbildung von Hut und Stock des berühmten Spaziergängerphilosophen auf einer Steinbank, dort, wo er täglich in einer Lindenallee seinen Gedankengang pflegte. Oder das Kant-Denkmal vor der Universität, die seit 2005 Kant-Universität heisst.
Ein Kriegsverbot
Der russische Präsident Wladimir Putin hat sie zusammen mit dem damaligen deutschen Kanzler Gerhard Schröder umbenannt. Ja, was eine Reise nach Kaliningrad weiter unattraktiv macht: Die russische Enklave gehört heute zum Einzugsgebiet von Putin, der sich nicht eben als Friedensförderer hervorgetan hat.
Ganz im Gegensatz zum Königsberger Philosophen; dieser hat in seiner Altersschrift «Zum ewigen Frieden» (1795), seinem eigentlichen Vermächtnis an die Welt, einen gross angelegten Friedensvertrag zwischen den Völkern skizziert und erstmals überhaupt von einem Völkerbund gesprochen. In einer seiner letzten Schriften (1798) wirft der scharfsinnige Denker die Frage auf, «ob das menschliche Geschlecht im beständigen Fortschreiten zum Besseren sei?», und legt klipp und klar die Voraussetzungen für einen Weltfrieden dar: Völker brauchen eine Verfassung, die ihnen verbietet, Angriffskriege zu führen. Und eine demokratisch legitimierte Regierungsform, Kant bezeichnet sie als «republicanisch».