Drei Söhne und acht Enkelkinder

Hochzeit

Vertrauen, Respekt und Durchhalten in Krisen: Theres und Walter Bolliger sind seit 60 Jahren ein Ehepaar. 

Die Gästeliste steht schon, und das Restaurant ist gebucht: Theres und Walter Bolliger feiern am 2. Oktober die diamantene Hochzeit. Die beiden teilen nicht nur seit sechs Jahrzehnten ihr Leben, sondern auch gemeinsame Hobbys. Jetzt, im Alter, sind es der wunderschöne Garten und das Wissen über die exotische Pflanzenart Aloe vera. 

60 Jahre Ehe ist in Zeiten, in denen fast jede zweite Ehe scheitert, ein besonderes Jubiläum. Was ist das Geheimnis von Theres und Walter? Die Antwort kommt prompt: «Wir haben einander gern», sagt sie schlicht. Er nickt und ergänzt: «Vertrauen, dazu Respekt, sich sein lassen und auch einmal durchhalten, wenns Krisen gibt.» 

Der erste gemeinsame Tanz 

Angefangen hat alles auf einem Dorffest nahe Aarau. Der 18-jährige Walter war Musikant bei der Dorfmusik, jemand stellte ihm die gleichaltrige Theres vor. Die beiden tanzten und mochten einander sofort. Weil Walter früher daheim sein musste als Theres, begleitete sie ihn nach Hause und kehrte dann auf das Fest zurück, «aber ohne ihn war es nicht mehr so lustig», erinnert sich die heute 84-Jährige. 

Für mich war es wichtig, sie hinten am Seil zu spüren.
Walter Bolliger

Die beiden liessen es langsam angehen. Er war in der jungen Kirche aktiv und Bergführer. Eines Tages lud er sie zu einer Tour ein: «Auf der Einladung war eine Sonne, deren Strahlen über den ganzen Brief verliefen», erinnert sie sich. Am Ziel kamen sie damals zwar nicht an. 

«Sie hatte wohl zu schöne Augen», meint Walter lachend. Das gemeinsame Bergsteigen führte die beiden in der Folge noch näher zusammen: «Für mich war es wichtig, sie hinten am Seil zu spüren.» Und Theres lernte auf den Touren Walters fürsorgliche Art schätzen.

Endlich zusammenziehen 

Die vielen gemeinsamen Bergtouren und zahlreichen Liebesbriefe festigten ihre Beziehung. Die beiden schrieben sich häufig, denn das Telefon stand bei ihren Eltern in der Stube, da war man nie ungestört. 

Mit 24 Jahren heirateten sie, und zwar in derselben Kirche, in der die zwei auch getauft worden waren. Das bedeutete für die jungen Leute nicht nur ein grosses Fest, sondern vor allem den Start ins gemeinsame Leben. Nach den damaligen Konventionen lebte man erst nach der Hochzeit zusammen. 

Eigentlich wollte das Paar dann nach Brüssel ziehen, weil Walter als Elektroingenieur dort eine Stelle in Aussicht hatte. Doch daraus wurde nichts. Er fiel in ein Loch, denn die Familie wuchs, der erste Sohn war unterwegs. Doch dann vermittelte ihm ein Kollege eine gute Position im Kanton Graubünden.

Ich hätte mir als junge Frau ein Fernrohr gewünscht, das zeigt, wie es in 60 Jahren sein wird, und genauso glücklich ist es nun auch gekommen.
Theres Bolliger

Das Paar zog nach Chur, im Lauf der Zeit kamen zwei weitere Söhne hinzu. Theres stieg während der Pubertät des jüngsten Sohnes wieder in ihren Beruf als Logopädin ein, und der aktive Walter ging mit seinen drei Buben segeln, windsurfen und Gleitschirm fliegen. «Ich habe immer gebetet, dass sie heil zurückkommen», erinnert sich Theres. 

Inzwischen hat das Paar acht Enkelkinder. Heute geschehe das Kennenlernen anders, viel unverbindlicher, das beobachten die beiden bei ihren Enkeln. Ob sie denken, in ihrem gemeinsamen Leben etwas verpasst zu haben? «Nein», sagt Theres. «Ich hätte mir als junge Frau ein Fernrohr gewünscht, das zeigt, wie es in 60 Jahren sein wird, und genauso glücklich ist es nun auch gekommen.»