Meinung 24. August 2023, von Felix Reich

Die Macht der Bilder und die Kraft des Gebets

Armeeseelsorge

Das Foto von Schweizer Soldaten beim muslimischen Feldgebet schlug hohe Wellen. Doch seine Symbolkraft erschöpft sich keineswegs im inszenierten Skandal.

Bilder haben Macht. Das Foto, das Ende Juni durch die sozialen Medien geisterte und eine kontroverse Debatte auslöste, scheint bestens geeignet, die Angst vor der Überfremdung im Allgemeinen und vor dem Islam im Besonderen zu schüren. Es zeigt Männer in der Uniform der Schweizer Armee, wie sie sich zum muslimischen Gebet niederknien. Doch das Bild lässt sich auch anders lesen. 

Das Ende des Monopols

Muslime haben sich längst integriert. Sie sind bereit, ihr Land zu verteidigen: die Schweiz, in der, anders als in vielen muslimisch geprägten Ländern, Religionsfreiheit herrscht und die sich ihre Verfassung «im Namen Gottes des Allmächtigen» gegeben hat und «im Willen, in gegenseitiger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben».

Soll dieser Wille kein Lippenbekenntnis bleiben, ist die Öffnung der Armeeseelsorge nur konsequent. Die reformierte und die katholische Kirche haben zwar eine besondere Stellung gegenüber dem Staat. Sie verfügen über Erfahrung in der akademischen und praktischen Ausbildung von Seelsorgerinnen und Seelsorgern. 

Ihre Monopolstellung in der Religionslandschaft haben sie aber eingebüsst. Auch deshalb ist es richtig, dass Freikirchen sowie muslimische und jüdische Gemeinschaften Armeeseelsorger stellen können, sofern sie Personen finden, welche die Ausbildung und die Fähigkeiten für die anspruchsvolle Aufgabe mitbringen.

Die schönste Pointe

Wer das Foto vom muslimischen Feldgebet genau betrachtet, sieht Zuschauer im Hintergrund. Sie beobachten das Geschehen, die einen wahrscheinlich neugierig, die anderen andächtig, alle respektvoll. Vielleicht haben einige selbst die Hände gefaltet zum Gebet in ihrer eigenen Tradition.

Das wäre die schönste Pointe des inszenierten Wirbels: wenn das Bild ansteckend wirkt und Menschen unterschiedlicher Religionen im Gebet für den Frieden zusammenführt.