Denn die Armee hat im Jahr 2020 entschieden, ihre Seelsorge
interkonfessionell und interreligiös auszuweiten. Dies als Reaktion auf
die deutlich zunehmende Vielfalt der Religionen in der Gesellschaft.
Nach den Christen sind schweiz-weit die Muslime die grösste
Religionsgemeinschaft mit etwas weniger als sechs Prozent. Wie es unter
den gut 150'000 Armeeangehörigen aussieht, ist nicht bekannt,
diesbezügliche Zahlen erhebt die Armee nicht.
Bekenntnis zur den Werten
Die neuen Seelsorgenden durchlaufen ein mehrstufiges Aufnahmeverfahren. Als neue Partner schlagen auch der Schweizerische Israelitische
Gemeindebund sowie die Föderation Islamischer Dachorganisationen
Kandidierende vor.
Diese müssen sich schriftlich zu den Prinzipien und
Werten der Armee bekennen. Die Ausbildung erstreckt sich über zehn
Monate, und die Zuteilung erfolgt so, dass alle militärischen Einheiten
optimal abgedeckt sind.
Seit der neuen Ausrichtung habe es keine
namhaften Schwierigkeiten gegeben, sagt Matthias Inniger. Er ist ein
Pionier der multireligiösen Armeeseelsorge, heute Chef Einsatz
Armeeseelsorge im Kommando Operationen und reformierter Pfarrer in
Ringgenberg. Mit seiner Doktorarbeit über multireligiöse Seelsorge im
Jahr 2017 hat der Reformierte mitgeholfen, den Boden für die Öffnung zu
bereiten.
Einfach nur erstaunt
Die teils empörten Reaktionen auf das Foto nahm Muris Begovic «nur
erstaunt» zur Kenntnis. Mehr möchte er dazu jetzt nicht mehr sagen,
auch nicht, wie die Angehörigen der betreffenden Einheit damit
umgegangen sind. Sein christlicher Kollege Matthias Inniger freute sich
über das Bild «als Armeeseelsorger, der seit über 20 Jahren mit jungen
Schweizerinnen und Schweizern im Kontakt steht, die Militärdienst
leisten und einen muslimischen Hintergrund haben. Beten ist etwas
Erfreuliches und Erlaubtes.»
Im September werde wieder der Eidgenössische Bettag gefeiert, der ökumenisch und
interreligiös konzipiert sei, so der Pfarrer. In einem säkularen Staat
und einer toleranten Gesellschaft sollten nicht nur christliche Gebete
ihren Platz haben. Ganz im Sinn der Glaubensfreiheit, wie sie in der
Verfassung ja auch verbrieft sei.