Recherche 29. September 2021, von Anouk Holthuizen

Zum 25. Mal ein Fest nur für die Frauen

Spiritualität

Das Aargauer Frauenkirchenfest wurde lanciert, um Frauen sichtbarer zu machen. Das Ziel ist erreicht, aber Herausforderungen bleiben. 


Wenn am 22. Oktober in Baden zum 25. Mal das Aargauer Frauenkirchenfest gefeiert wird, können die Gäste auf ein Ziel, das die Initiantinnen 1995 verfolgten, die Gläser erheben: Frauen sind heute in der reformierten und katholischen Kirche so sichtbar wie Männer und nicht mehr bloss Zudienerinnen im Hintergrund. Sie stehen hinter den Altären und Abendmahlstischen und leiten kirchliche Dienste. 

Im Aargau ordinierte die Reformierte Landeskirche dieses Jahr erstmals ausschliesslich Frauen zum Dienst, Frauen machen im Pfarramt schweizweit inzwischen 41 Prozent aus, Tendenz zunehmend. Auf der Seite der römisch-katholischen Kirche bleibt die Weihe den Frauen weiterhin untersagt, als Pfarreiseelsorgerinnen und Katechetinnen aber gestalten sie zahlreiche Gottesdienste oder haben die Leitung inne. 

Das sah vor 30 Jahren anders aus. In Aarau, der Hauptstadt beider Landeskirchen, walteten ausschliesslich Männer in den reformierten und katholischen Pfarrämtern. Dies führte dazu, dass 1990 eine Gruppe Frauen einen eigenen, ökumenischen Gottesdienst initiierte. Einmal im Monat luden sie sonntagabends in den beiden Stadtkirchen Frauen zur Feier ein. Regula Haag, die 1992 als erste Pastoralassistentin in der Aarauer Pfarrei dazustiess, erzählt: «Wir wollten Frauen nach vorne holen, mehr Raum in der Kirche einnehmen und darin auch weibliche Spiritualität leben.»   

Aufbruchsstimmung

In diesen Jahren wurde auch das Frauenkirchenfest lanciert. Regula Haag: «Eine Gruppe reformierter Frauen kam auf mich zu, um gemeinsam mit katholischen Frauen zu überlegen, was wir in der ökumenischen Dekade ‹Kirchen in Solidarität mit Frauen› organisieren könnten.» Daraus entstand die Idee, 1995 erstmals ein Frauenkirchenfest zu feiern, wie es bereits in Luzern Tradition hatte. 

Tatsächlich war das Echo auf die Einladung in den Kirchenblättern gross: Über 200 Frauen aus dem ganzen Kanton reisten zur ersten Feier in Lenzburg. «Es war wunderbar», erinnert sich Regula Haag. «Uns verband unser Engagement. Es herrschte eine Atmosphäre von Aufbruch und Offenheit.» Das Fest fand fortan jährlich statt, jeweils in einer anderen Gemeinde, unter Einbezug der lokalen Kirchenfrauen. 

Eine war Esther Worbs, reformierte Pfarrerin in Teufenthal, wo das Fest 2022 wieder stattfinden soll. Für sie sei das immer ein besonderer Moment gewesen, denn die Sinnlichkeit, mit der es begangen werde, habe ihr in der reformierten Kirche zuweilen gefehlt. «Tanz und bunte Dekoration waren in der reformierten Kirche lange verpönt, sind aber heute verbreiteter, vielleicht auch wegen Anlässen wie dem Frauenkirchenfest. Für viele Frauen ist Spiritualität mehr Lebensvollzug denn Theologie.»   

Engagement schwindet

Frauen kleiner geworden, die Anliegen haben sich gewandelt. Susanne Andrea Birke, im Fachbereich Bildung und Propstei der römisch- katholischen Landeskirche tätig und seit 2004 am Frauenkirchenfest dabei, sagt: «Für Katholikinnen ist die Gleichstellung nicht erreicht, inzwischen kämpfen wir global dafür.» Für alle Kirchen sei heute die grosse Herausforderung, Freiwillige zu finden. «Umso wichtiger ist es, Frauen über ihre eigenen Anliegen anzusprechen und dafür Raum zu geben», so Birke.

Programm: www.frauenkirchenfest.ch