«Antje, sind das hier Wildtulpen?», fragt eine der Hobbygärtnerinnen und hält inne beim Jäten. «Das sieht eher aus wie eine der Blumenzwiebeln, die wir letztes Jahr gepflanzt haben», antwortet Antje Bachmann. Die ausgebildete Landschaftsarchitektin blickt in Stiefeln und Arbeitshose über die noch brachliegenden Beete im Pfarrgarten von Almens, einem Dorf mit 222 Einwohnern, das zur Kirchgemeinde Ausserdomleschg gehört. Mit ihr jäten und pflanzen an diesem sonnigen Mittwochnachmittag ein paar wenige Gemeindemitglieder. Darunter die ehemalige Pfarrerin, die ein paar mitgebrachte Blumenzwiebeln zwischen Astern, Krokus und Narzissen eingräbt.
Feste feiern
Der Garten und das dazugehörige Pfarrhaus stehen mitten im Dorf. An der Gartenmauer macht ab und zu jemand Halt. «So viel Bärlauch!», ruft eine ältere Frau begeistert. Die Gärtnerinnen lachen: «Du darfst haben, so viel du willst.» Sie reichen der Frau einen Bund Blätter.
Zur Gartenanlage gehört eine Wiese mit Palöggeli- (Kirschpflaumen) und Kirschbäumen. Manchmal weiden die Schafe eines Kleinbauern aus dem Dorf. «Hier finden kirchliche Feste und Apéros statt», erzählt Antje Bachmann. Sie hat den Gestaltungsvorschlag für das Projekt Pfarrgarten im Rahmen der Pfarrhausrenovation gemacht und leitet die Gemeindepflanztage. Und Ideen für die Erweiterung des neuen Gemeinschaftsgartens gebe es viele, so Bachmann. «In einem Gemeinschaftsgarten ist vieles möglich.»
Die Idee, den Pfarrgarten für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, war in der Kirchgemeinde Almens nicht unumstritten. Während eine Gruppe Wiese und Gartenanlage gerne ganz für die Allgemeinheit als «Begegnungszentrum» in Zusammenarbeit mit der politischen Gemeinde realisiert hätte, wollte die Mehrheit der Kirchgemeindemitglieder lieber die jetzige Lösung. Jeder und jede könne sich eine Zeit im Pfarrgarten reservieren. «Alle sind willkommen», sagt Bachmann.
Kontakt knüpfen
Offen auch für Nichtmitglieder einer Kirchgemeinde ist der Gemeinschaftsgarten auf dem Kirchbühl in Igis. Die evangelische Kirchgemeinde Landquart besitzt ein Landstück, das nicht direkt an den Pfarrgarten grenzt. Auch auf dieser Wiese weiden Schafe. Daneben pflanzen Gartenbegeisterte Kartoffeln, Erdbeeren, Zwiebeln und Tomaten. Seit 2017 begleitet Andrea Lehmann das Gartenprojekt in Igis. «Angefangen zu gärtnern haben wir mit Migranten und Migrantinnen in Kooperation mit Heks. Die Idee war, über die Gartenarbeit in Kontakt zu kommen und Wissen zu teilen», erklärt Lehmann. Einige sind weggezogen, andere hatten zu wenig Zeit, so dass der interkulturelle Garten sich zum offenen Gemeinschaftsgarten wandelte. Seit 2019 bewirtschaften sieben Familien und Einzelpersonen verschiedener Herkunft rund zwanzig Beete. Während der Corona-Pandemie sei der Gemeinschaftsgarten besonders geschätzt worden. «Die Verbindung mit der Erde beruhigt die Menschen. Für manche ist der Garten das zweite Zuhause», sagt Andrea Lehmann und reicht einem Jungen eine Harke.
Kinder gärtnern gern
Teil der Gartengemeinschaft sind auch die Kinder. 2019 führte Andrea Lehmann das Projekt «Gartenkind» von Bioterra, der Organisation für Bio- und Naturgarten, ein. An diesem trüben Samstagvormittag hat eine neue Gruppe mit neun Kindern den Gartenkind-Kurs angefangen. Bis September verbringt die Gruppe zweimal im Monat einen Samstag im Gemeinschaftsgarten. «Noch nie hat ein Kind den Kurs abgebrochen», sagt Lehmann. Vier bis sechs Stunden wöchentlich wendet die gelernte Hotelière freiwillig für die Koordination der Gartenprojekte auf. Die Pflege der Gemeinschaft, das sei der Auftrag der Kirche. «Der Gemeinschaftsgarten bietet dazu den perfekten Rahmen», findet Lehmann.