Die Pfarrschaft will keine Hauruck-Übung

Kanton Bern

Die Berner Pfarrschaft ist überzeugt, ihre Aufgaben besser wahrnehmen zu können, wenn sie vorläufig beim Staat angestellt bleibt.

Sollen die Pfarrerinnen und Pfarrer weiterhin zum Staatspersonal gehören? Oder soll der Kanton die Dienstverhältnisse an die Kirche abtreten? Diese Fragen stellen sich im Zusammenhang mit der anstehenden Neuausrichtung von Kirche und Staat im Kanton Bern. Dabei geht es letztlich darum, ob der Kanton weiterhin eine aktive Religions­politik betreiben will oder ob er es vorzieht, sich in dieser Sache zu distanzieren. Die unmittelbar Betroffenen, nämlich die reformierten Pfarrerinnen und Pfarrer im Synodalgebiet Bern-Jura-Solothurn, haben an ihrer Hauptversammlung grossmehrheitlich eine Stellungnahme verabschiedet.

Unmöglich. Die rund 140 Pfarrerinnen und Pfarrer, die in Thun anwesend waren, lehnen die Abtretung der Dienstverhältnisse an die Kirche «zum jetzigen Zeitpunkt» ab. Diese vom Regierungsrat beantragte Vorentscheidung mache es unmöglich zu prüfen, ob ein solcher Schritt der Bevölkerung wirklich am besten diene. Zum alleinigen Zweck, Geld zu sparen, sei die Übergabe jedenfalls keine Option. Deshalb fordert der bernische Pfarrverein, dass der definitive Entscheid über eine allfällige Übergabe der Dienstverhältnisse erst zum Abschluss der Kirchengesetzrevision zu fällen sei.

Sinnvoll. Zuständig für die Weichenstellung ist der Grosse Rat; das Berner Kantonsparlament wird im Frühherbst über die Vorlage befinden. Ob es die Ratsmitglieder ähnlich sehen die wie Pfarrschaft? Tendenziell nicht, wie eine kleine Sondierung zeigt. Zumal sich die Synode, also das bernische Kirchenparlament, mit einer Übernahme der Pfarrschaft durch die Kirche schon jetzt anfreunden kann: Als «logisch» und «sinnvoll» erachtet man hier den zur Debatte stehenden Systemwechsel (www.reformiert.info/synodebern).

So tönt es auch von Grossrat Adrian Wüthrich (SP), der vor wenigen Jahren eine politische Debatte rund um die Pfarrerentlöhnung anstiess. «Ich persönlich sehe nur Vorteile darin, wenn die Kirche ihr Personalmanagement künftig selber machen kann», sagt er auf Anfrage – eine Haltung, der sich SVP-Fraktionspräsident Peter Brand anschliesst. Wüthrich weiter: Ein Wechsel der Dienstverhältnisse bedeute noch lange keine «Privatisierung» von Kirchen und Pfarrschaft, denn die Kirchen blieben ja rechtlich-öffentliche Organisationen. Er werde sich dafür einsetzen, dass die Pfarrerinnen und Pfarrer weiterhin zu guten Lohnbedingungen arbeiten könnten.

Sorgfältig. EVP-Fraktionspräsidentin Christine Schnegg plädiert ebenfalls für einen Systemwechsel, im Moment aber noch mit einem vorsichtigen «Eher». Die Kirchen stünden unter politischem Druck; in diesem Umfeld sei es schwer zu vermitteln, dass die Pfarrerinnen und Pfarrer weiterhin Staatsangestellte bleiben sollten, findet sie. Ein Wechsel zur Kirche könne die Situation entspannen. Offene Fragen seien aber sorgfältig zu erwägen. Etwa jene nach den Kosten. Sollte die Pfarrschaft künftig von den jeweiligen Landeskirchen administriert werden, müssten diese nämlich eigene Verwaltungsstellen aufbauen. Adrian Wüthrich sieht darin jedoch keine grossen Probleme: «Die Kirchen haben ja schon heute Verwaltungen mit entsprechendem Synergiepotenzial.»

Auch die grünliberale Fraktionspräsidentin Franziska Schöni-Affolter, Vorkämpferin für eine deutlichere Trennung von Kirche vom Staat, ist überzeugt, dass sich gute administrative Lösungen finden lassen, zum Beispiel, indem die Lohnbuchhaltung beim Staat verbleibt und nur die Personalverwaltung an die Kirche übergeht. «Ich habe nicht die Absicht, der Kirche zu schaden», betont sie. «Ich weiss, dass die Pfarrpersonen gute Arbeit leisten.» Aber: «Ich bin überzeugt, dass sie sich besser werden positionieren können, wenn wir sie künftig nachfragegerecht über Leistungsverträge finanzieren.»

«Die Kirche sichert wichtige Werte»

Die grüne Politikerin Christine Häsler, während dreizehn Jahren bernische Grossrätin, nun frisch in den Nationalrat eingetreten, referierte an der Hauptversammlung der bernischen Pfarrschaft in Thun. Häsler steht für jene politischen Kräfte, die sich nach wie vor für eine enge Verbindung von Kirche und Staat einsetzen. Denn dieses Zusammengehen sichere in der Gesellschaft Werte wie Ethik, Toleranz und Solidarität, sagte die Parlamentarierin. Die beharrlichen Versuche gewisser Kreise, die Kirche vom Staat zu trennen, seien ein Zeichen der «schleichenden Entsolidarisierung» der Gesellschaft. HEB