Recherche 28. Oktober 2015, von Rita Jost

Mehr Bürojobs – aber «nicht weniger Seelsorge»

Kirche und Staat

Im Haus der Kirche wird künftig mehr administriert. Aber das soll nicht zulasten der Pfarrstellen gehen, sagt Synodalratspräsident Zeller.

Nach dem grossrätlichen Ja zur Teil­entflechtung von Kirche und Staat im Kanton Bern schienen alle zufrieden.Kirchenleitungen, Regierungsrat und die meisten Ratsmitglieder. Sogar der Präsident des Pfarrvereins, Michael Graf, der sich für eine langsamere Gangart starkgemacht hatte, stellte schliesslich einigermassen befriedigt fest, dass immerhin eine Debatte stattgefunden habe «und allfällige Sparabsichten gestrichen wurden».

Nichtvor2019. In der kantonalen Verwaltung und bei den Landeskirchen beginnen nun die Vorarbeiten für das neue Kirchengesetz. Ende November trifft man sich zu einer ersten Sitzung. Der stellvertretende Generalsekretär auf der Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion rechnet mit «mindestens vier, vielleicht sogar fünf Jahren», bis das neue Kirchengesetz in Kraft treten kann. Synodalratspräsident Andreas Zeller, der bei der reformierten Kirchenleitung die Projektgruppe leitet, geht von einer ähnlichen Frist aus. Man wolle schliesslich alles «sauber und transparent» durchführen, bisher
sei das Ganze ja höchstens «locker an­gedacht». Bereits klar – und für Andreas Zeller zentral – ist die Versicherung des Parlaments, dass man die heute rund 75 Millionen, die für Pfarrlöhne aufgewendet werden, nicht einspare.

Aber wie sieht es mit den zusätzlichen Bürostellen aus, die auf der Zentrale für die Personaladministration anfallen? Andreas Zeller rechnet mit einem Bedarf von rund fünf Leuten, allein bei der reformierten Landeskirche. Gehen diese Stellen zulasten der Seelsorge in denGemeinden? Zeller wehrt entschieden ab. Von den heute 360 Stellenprozenten, die beim Kanton für kirchliche Angelegenheiten zu Buche schlagen, hofft er rund 200 zur Kirche transferieren zu können. «Dazu müssen sicher noch Anteile aus dem Stellenetat des Personalamtes kommen, denn die Kirche wird rund 500 zusätzliche Anstellungsverhältnisse zuverwalten haben.» Und auf 100 Stellen rechne man üblicherweise in Personalwesen mit einer Stelle.

Wie genau die Pfarrlöhne im Kantonsbudget künftig zu Buche schlagen, ist nun Verhandlungssache. Die Kirche favori­siert ein «Zweisäulen-Modell». Zeller: «Ein Teil der Pfarrstellen – vielleicht zwei Drittel – müsste als gebundene Ausgabe im Gesetz verankert sein, als Zins für die nicht abgegoltenen Rechtstitel.» Über den Rest könnte man alle acht Jahre, im Rahmen von Abgeltungen für gesamtgesellschafltiche Leistungen der Kirchen, verhandeln und entscheiden.

Wichtig sei ihm vor allem, dass durch die Reorganisation in den Pfarrämtern und Kirchgemeinden wieder eine «längere Planungssicherheit» herrsche. Für die Kirchenleitung ist das Projekt Entflechtung in der laufenden Legislatur ein Schwerpunkt. Und eine «Riesenherausforderung», sagt Zeller.