Ein Ort zum Sterben inmitten der Stadt

Pflege

Das Zürcher Lighthouse ist umgezogen. Der Neubau im Hardquartier ist auf die Bedürfnisse der Palliativpflege ausgerichtet und bietet Raum zum Innehalten.

Konstant fliesst der Verkehr an der Hohlstrasse. Das Rattern von Zügen mischt sich mit dem Lärm der Stadt. Es ist ein Ortswechsel, der drastischer nicht sein könnte: Vom Altbau im Kreis sieben, umgeben von Grün, ist das Zürcher Lighthouse in einen Neubau an der Eglistrasse im Kreis vier gezogen. Jüngst war offizielle Eröffnung. Die Bewohnerinnen und Bewohner machen sich nun hier auf die letzte Etappe ihres Lebensweges – das pralle Stadtleben vor der Tür.

Doch der Vergangenheit trauert Geschäftsleiter Horst Ubrich nicht nach. Der Altbau-Charme relativiere sich angesichts dessen, dass viele der schwerkranken Bewohner und Bewohnerinnen sich mit Gemeinschaftsbädern arrangieren mussten. Die Übergabe vom Krankentransport fand vor dem Haus statt, ob bei Regen oder Schnee. «Jetzt können wir Bewohnerinnen und Bewohner angemessen in Empfang nehmen.» Die neuen Zimmer mit eigenem Bad und allem Komfort böten ihnen ein angenehmes Zuhause.

Ein Tageszentrum zur Entlastung Angehöriger

Das Lighthouse ist Mieterin in einer neuen Siedlung der Stephan-à-Porta-Stiftung. Die Überbauung umfasst ausserdem einen Kindergarten und 148 Wohnungen, die zu günstigen Bedingungen vermietet werden. Die à-Porta-Stiftung unterstützt wohltätige und gemeinnützige Organisationen. «Die Philosophie der Stiftung Light-house passt zu uns, da wir gleiche Werte vertreten», so Geschäftsführer Armin Isler. Früh zogen die Architekten das Lighthouse bei der Konzeption bei. Daraus resultierte eine Fassade mit Leuchtturm-Charakter.

Das renommierte Hospiz besitzt nun auf fünf Ebenen einen runden Raum. Das Angebot wurde stark ausgebaut. Neben 14 Palliativ-Zimmern gibt es noch einmal so viele für eine palliative Langzeitpflege. Und im Herbst soll eine Hausarztpraxis für das ganze Quartier einziehen. Viel Freude macht Ubrich das Tageszentrum, das Anfang Juli in Betrieb ging. Im grosszügigen Wohnraum stehen Klavier, Sessel und Sofa. Nebenan gibt es Rückzugsräume. Dort können sich Menschen unter der Woche aufhalten, während die Angehörigen ihren Verpflichtungen nachgehen. «So können wir Familien entlasten, vor allem, wenn jüngere Menschen erkrankt sind», sagt Ubrich.

«Der Spiritualität Raum zu geben, war bei der Planung wichtig. Rituale tragen unser Leben, auch wenn ihnen häufig nicht viel Bedeutung zugemessen wird.»
Horst Ubrich, Geschäftsleiter Zürcher Lighthouse

Gegründet wurde das Lighthouse 1988 von Aids-Spezialist Ruedi Lüthy, Pfarrer Heiko Sobel und Rechtsanwalt René Aerni als Ort, an dem HIV-Kranke in Würde sterben konnten. Die reformierte und die katholische Kirche unterstützten es mit Darlehen. Heute ist es ein palliatives Kompetenzzentrum für Menschen mit allen Erkrankungen. Die Stiftung finanziert sich zum grossen Teil über Spenden.

Im Neubau laden mehrere Räume zum Innehalten ein: eine interreligiös gestaltete Kapelle und ein Erinnerungszimmer für Angehörige. In ihm ist für Bewohner und Bewohnerinnen je eine Feder aufgehängt. Stirbt jemand, wird sie abgenommen, eine Kerze angezündet. Im Raum der Stille, der sich in der  vierten Etage befindet, lässt sich der Stadtlärm durch ein kreisrundes Oberlicht aussperren. «Der Spiritualität Raum zu geben, war bei der Planung wichtig», sagt Ubrich. «Rituale tragen unser Leben, auch wenn ihnen häufig nicht viel Bedeutung beigemessen wird.» Auf dieser Etage gibt es auch eine Dachterrasse. Die Betten lassen sich dort hinausschieben. Ein Bewohner sei hier gestorben, sagt Ubrich. «Unter freiem Himmel.»

Reformierte Seelsorge ist vakant

Abgekühlt hat sich das Verhältnis 
zwischen dem Lighthouse und der reformierten Kirche. Seit einer Kündigung der reformierten Seelsorgerin vor über einem Jahr ist die 20-Prozent-Stelle, die von der Abteilung Spezialseelsorge besetzt wird, vakant. Im Zentrum des Konflikts standen unterschiedliche Auffassungen über das Besuchsregime und ein eingeschränkter Zutritt für Seelsorger während 
der Corona-Pandemie. «Für die Mitarbeitenden und unsere Bewohnerin
nen und Bewohner ist die Vakanz ein unhaltbarer Zustand, zumal viele 
ihr Leben lang Kirchensteuern bezahlt haben», sagt Lighthouse-Geschäftsleiter Horst Ubrich. Christina Huppenbauer, bei der Landeskirche für die Spezialseelsorge zuständig, sagt, sie sei erfreut, dass das Lighthouse im neuen Zuhause gut 
angekommen sei. Die Seelsorge im Hospiz sei noch pendent. «Gern prüfen 
wir den Bedarf und ob eine 20-Prozentstelle angemessen ist.» Bis dahin 
stehe dem Lighthouse der Pikettdienst der reformierten Seelsorge zur Verfügung, sagt Huppenbauer.