Recherche 14. September 2020, von Cornelia Krause

Kirche Wipkingen wird zur Klimaanlage

Immobilien

Zur Zwischennutzung ist Klimastreik Zürich in den leerstehenden Kirchenraum eingezogen. Geplant sind Begegnungen, Fortbildungen und ein Hochbeetprojekt. 

Von der Empore hängen Banner; «Wake up! Climate Action» und «Wipkingen fürs Klima» steht auf ihnen, im Seitenschiff ist eine Tauschecke für Kleider eingerichtet und an einer Säule prangen Plakate für den Klimastreik. 

Zwei Jahre stand die reformierte Kirche Wipkingen leer, seit Mitte September ist sie in neuen Händen. Die Kirchgemeinde Zürich hat sie dem Verein Klimastreikräume zur Zwischennutzung übergeben. Für die nächsten zweieinhalb Jahre soll der einstige Kirchenraum zu einem Ort des Austauschs werden mit Interessierten aus dem Quartier, aber auch für diverse engagierte Gruppen, die dort Fortbildungen abhalten möchten, etwa Extinction Rebellion oder die Jungen Grünen. 

Das neue Hauptquartier des Klimastreik Zürich passe gut zur Bewegung, sagt Mitglied Christina Münger am Rande der Eröffnungsfeier am 11. September. «Es ist ein Beispiel für den Systemwandel, den wir fordern. In dem Fall eine neue Nutzungsmöglichkeit für ein nicht mehr für seinen ursprünglichen Zweck verwendetes Gebäude.»

Niemanden ausschliessen

Vom Begriff der «Klimakirche», wie das Projekt einst hiess, haben sich die neuen Bewohner verabschiedet. Sie wollen anders- oder ungläubige Menschen nicht ausschliessen, wie Selma Jamal Aldin sagt. «Klimaanlage» steht nun in grossen Buchstaben über dem Eingang. Immerhin handle es sich auch um eine Anlage mit Garten, in dem etwa ein Hochbeetprojekt geplant sei, erklärt Jamal Aldin das Wortspiel.

Eine Trennung auf Zeit

Für die Kirchgemeinde, die in Zukunft vermehrt mit ungenutzten Kirchenräumen konfrontiert sein wird, ist die Zwischennutzung ein Experiment, das Schule machen könnte. «Es ist keine Trennung auf ewig, fehlt uns die Kirche, können wir sie wieder selber verwenden.», sagt Michael Hauser, Kirchenpfleger zuständig für Immobilien. Derzeit wird ausgearbeitet, nach welchen Kriterien Zwischennutzer künftig ausgesucht werden. Im Fall der Kirche Wipkingen signalisiere die Auswahl auch ein Vertrauen in die Jugend.

Vermittelt zwischen Kirche und Klimajugend hatte in der Angelegenheit SP-Regierungsrätin Jacqueline Fehr, die das Jugendparlament betreut und gleichzeitig für die Religionen zuständig ist. Es sei eine der grossen Aufgaben der Zukunft, verschiedene Milieus miteinander ins Gespräch zu bringen, sagte Fehr. Dabei müsse die Kirche «am Puls des Geschehens sein und Bedürfnisse verschiedene Generationen aufnehmen.» Die Nutzung von Kirchenräumen als Möglichkeit der Begegnung biete sich daher an.