Recherche 28. November 2019, von Rita Gianelli

«Als mein Mann starb hatte ich viele Fragen»

Elvira Meiler aus Flims findet, der selbständige Mensch braucht keinen richtenden Gott.

«Einen Glauben hatte ich schon als Kind. Ob ich glauben soll oder nicht, das war gar nie ein Thema. Als Kind hatte ich eine konkrete Vorstellung von Gott und einem Himmel. Heute habe ich gar keine Vorstellung. Ich weiss nicht, was Gott für mich ist, das wüsste ich schon gern. Vielleicht erfahre ich es einmal. Als mein Mann starb, hatte ich viele dringende Fragen. Zum Beispiel, wo sich seine Seele jetzt befindet? Das kann mir niemand beantworten. Dabei ist es essenziell für mich. Diese Ungewissheit auszuhalten, das ist die Natur. Vieles ist nicht zu beantworten. Warum wächst ein Baum? Und warum hört er irgendwann auf zu wachsen, wenn er eine gewisse Grösse hat? Das Unbeantwortete gehört zum Leben.

Unveränderte Kraft

Nein, ich hatte nie Zweifel an Gott. Ich fühle mich Gott nah. Wir sind ein Teil seiner Schöpfung. Alles hängt zusammen. Deshalb verstehe ich den Begriff ‹gerechte Strafe› auch nicht. Wenn Gott richten würde, dann hätten wir nicht mehr viel zu sagen. Wir sind als selbstständige Menschen geboren mit der Freiheit, etwas aus unserem Leben zu machen. Dies bedeutet, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Das kann der Mensch nicht Gott delegieren. Der Mensch ist für sein Tun immer selbst verantwortlich. Ich hatte das Glück und die Kraft, ein gutes Leben zu leben. Die körperliche Kraft lässt nun nach. Doch die Kraft des Glaubens ist gleich geblieben.»