Sie haben schon als Kind davon geträumt, in einer Kathedrale an der Orgel zu sitzen. Was fasziniert Sie an diesem Instrument?
Peter Solomon: Es ist die Vielfalt an Möglichkeiten, die man bei einem einstimmigen Instrument nicht hat. Diese Möglichkeiten gehen weiter als beim Klavier. Wobei der Variantenreichtum des Klaviers sehr gross ist. Man darf die Orgel nicht vom Raum abkoppeln, in dem sie steht.
Worin unterscheiden sich Orgeln in Kirchen von Orgeln in Konzertsälen wie der Tonhalle?
Der Zweck des Instruments ist ein anderer. In der Kirche ist die Orgel Teil der Sakralmusik und des Gemeindegesangs. Meist steht sie dort in einem grossen Raum, wobei die Kirche als Ganzes ein Erlebnis ist. Im Konzertsaal hingegen ist die Akustik trockener, die Töne hallen weniger nach. Der Raum trägt die Instrumente, ohne sie zu forcieren.
Was muss die neue Orgel können, die die Männedorfer Firma Kuhn für drei Millionen Franken baute?
Sie muss viele Wünsche erfüllen. In erster Linie ist sie aber für das Spiel mit Orchester, Chören und Solisten konzipiert. Sie muss mit deren Klang harmonieren. Trotzdem hat sie auch eine solistische Funktion.
Wie wird sie klingen?
Das Instrument ist breit gefächert. So raffiniert wie der Klang des Tonhalle-Orchesters ist, wird der Klang der Orgel sein. Sie wird also leise begleiten wie auch kraftvoll anführen können. Der Konzertsaal wird dabei zum Klangkörper. Deshalb wird sie erst vor Ort fertig intoniert. Denn jeder Saal bietet andere Voraussetzungen für den Klang.
Was ist speziell an dieser Orgel?
Der dreimanualige Spieltisch beispielsweise, bei dem ein viertes, sogenannt schwebendes Manualwerk zugeschaltet werden kann. Manual nennt man die Klaviatur. Das zweite Manual ist ein Orchesterwerk, das beliebig schwellbar ist, dessen Lautstärke sich also beliebig verändern lässt. Dank der Positionierung auf Kopfhöhe der Musikerinnen und Musiker mischt sich der Klang besser mit jenem des Orchesters.
Sind nicht auch besondere Pfeifen installiert worden?
Ja. Es gibt Spezialpfeifen, die wie ein Glockenspiel tönen. Das ist aber mehr ein Spielzeug.
Welches Stück werden Sie als erstes auf der neuen Orgel spielen?
Wir sind jetzt schon ständig am Improvisieren. Das müssen wir, damit wir das Instrument richtig intonieren können. Doch wenn ich wählen könnte, wäre es ein Stück von Johann Sebastian Bach. Denn Bach ist meine grosse Liebe. Und ich bin glücklich, dass Barockmusik auch auf dieser neuen Orgel gut tönt. Ich hoffe sehr, dass das Instrument bei der jungen Generation wieder mehr Anklang findet.
Haben Sie eine Lieblingsorgel?
Es gibt so viele schöne Orgeln in der Schweiz, im Berner Münster oder in Saint-Pierre in Genf. Ich spiele immer wieder gern im Grossmünster in Zürich.