In einer Medienmitteilung vom 20. Juli informierten Sie über das Gefährdungspotenzial der beiden Post-Corona-Bewegungen Graswurzle und Urig. Um was für Gruppierungen handelt es sich hierbei?
Julia Sulzmann: Graswurzle und Urig sind zwei weltanschauliche Bewegungen, die sich 2021 aus der Kritik an den bestehenden Corona-Massnahmen heraus gebildet haben. Unterdessen richtet sich die Kritik aber gegen viel mehr, eigentlich gegen fast alles, was mit dem Staat zu tun hat. Die beiden Gruppierungen verfolgen ein gemeinsames Ziel: Eine Parallelgesellschaft aufzubauen mit einem eigenen Schul- und Gesundheitssystem. Dabei lässt sich ein Trend zu gefährlicher Alternativmedizin und Verschwörungsmythen beobachten.
Die Bewegungen haben also zum Ziel, eine Parallelgesellschaft aufzubauen. Wie soll diese denn genau aussehen?
Betrachten wir zuerst einmal das Schulsystem. Hier fällt auf, dass in den Kreisen von Graswurzle und Urig ein riesiger Trend zum Homeschooling zu verzeichnen ist. Viele Gleichgesinnte haben sich bereits zusammengetan, um sich die Arbeit zu teilen. Dabei herausgekommen sind eine Vielzahl von Homeschooling-Projekten und Privatschulen, die wir als weltanschaulich bezeichnen.
Was heisst das konkret?
In diesen Kreisen wird die Schule unter anderem als «Zwangsindoktrinierungsanstalt» bezeichnet. Im esoterischen Milieu wird Intuition tendenziell höher gewertet als Fakten und Wissenschaft. Die Jugendlichen werden mitunter ohne Abschluss zurückgelassen, der sie für ein Leben ausserhalb einer bestimmten Weltanschauungsgemeinschaft qualifiziert. Graswurzle wirbt derzeit für eine alternative Privatschule namens Campus Vivere, 2021 von drei Esoterikerinnen gegründete. Dort werden zum Beispiel Personen aus der Staatsverweigerungsszene als Referenten eingeladen.