Mit junger Kraft im Dienst der Kirche

Kirchenpolitik

Getauft wurde Elin Egger erst in der fünften Klasse. Jetzt, mit 18 Jahren, nimmt sie im Parlament der Berner Reformierten Einsitz.

Kirche? Verstaubt. Kirchenpolitik? Langweilig. Religion? Schuld an allen Kriegen und daher pfui. So tönt es in Teilen der Gesellschaft seit Jahren, und die Folge davon sind zahlreiche Kirchenaustritte. Aber auch ein gegenteiliger Trend ist auszumachen: junge Leute, die sich im Schulalter für die Taufe entscheiden, sich konfirmieren lassen und sich auch nach der Konfirmation in ihrer Kirchgemeinde engagieren. Eine von ihnen ist die Bernerin Elin Egger. Die 18-Jährige ist jetzt sogar in die Synode, das kantonale Kirchenparlament, gewählt worden – und somit die jüngste Synodale der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn.

Kirchliche Politik ist in der breiten Öffentlichkeit kaum ein Thema. Was also reizt die junge Frau an diesem Mandat? «Ich lasse michüberraschen, freue mich darauf, Politluft zu schnuppern, und bin gespannt, was der Parlamentsbetrieb ausser Finanzgeschäften so alles bringen wird», antwortet sie. Diesen Herbst wird sie im Berner Rathaus erstmals zur Tagung antreten. Für die Gruppe «Offene Synode», weil sie Fraktionspräsidentin Heidi Federici persönlich kennt.

Die Gruppe wächst

Zur Kandidatur motiviert hat sie Pfarrer Andreas Nufer von der Heiliggeistkirche, in der sie seit längerem aktiv ist. Und zwar als Helferin im Konfirmationsunterricht, gemeinsam mit anderen Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Diese Gruppe von Helferinnen und Helfern ist unterdessen auf rund 20 Köpfe angewachsen. Ganz entgegen des Gemunkels, Kirche interessiere doch die junge Generation nicht mehr.«Wir haben es untereinander richtig gut, ziehen am selben Strang und haben Freude an unserer Aufgabe», sagt Elin Egger.

Kirchlich sozialisiert wurde sienicht über das Elternhaus. «Kirche war bei uns zu Hause kein Thema, ich war auch nicht getauft», berichtet sie. Als sie in die dritte Klasse gekommen sei, habe die Mutter aber trotzdem ihre Teilnahme am Konfirmationsunterricht befürwortet, damit sie die Chance bekäme, diechristliche Religion kennenzulernen. Und weil die Taufe Bedingung ist für die Konfirmation, liess sich Elin in der fünften Klasse – zusammen mit ihrer zwei Jahre jüngeren Schwester, ihrem vier Jahre jüngeren Bruder und einigen anderen Kindern – bei einem Sommergottesdienst im Bürenpark taufen.

Als «fromm» im traditionellenSinn würde sich die junge Frau nicht bezeichnen. «Im Gottesdienst sieht man mich kaum.» Spiritualität sei «nicht so mega» ihr Ding. Die biblischen Geschichten und deren Übersetzung in die heutige Zeit finde sie zwar spannend, sie könne darausauch einiges entnehmen – aber ebenkeine absolute Wahrheit. «Sobald jemand sagt, so ist es und nicht anders, regt sich meine Skepsis.» Ihr liege vor allem das vielfältige soziale Engagement der Kirche am Herzen, für Kinder, Jugendliche, Senioren, Flüchtlinge, Bedürftige.

«Das wäre ein Verlust»

Abgesehen von der kirchlichen Gruppe, in der sie verkehrt, sei ihr Freundeskreis gegenüber Kircheund Religion eher neutral bis ablehnend eingestellt, sagt sie. Umso wichtiger sei es für die Zukunft, dass die leider schrumpfende reformierte Landeskirche auch einmal wieder Stabilität fände und mit genügend Geld weiterhin gute Projekte verwirklichen könne – im Dienst der Mitmenschen. Denn im sozialen Bereich sei das Image der Kirche sogar bei kritischen Leuten gar nicht so schlecht. «Mittagessen für Flüchtlinge, Foodsave-Bankett und so viele weitere Angebote – es wäre ein gesellschaftlicher Verlust, wenn der Kirche eines Tages die Hände gebunden wären», ist Elin Egger überzeugt.

Elin Egger, 18

Die Bernerin hat unlängst die Matura absolviert und tritt demnächst ein Praktikum im Sonderschulheim Mätteli in Münchenbuchsee an. Danach will sie studieren – was, ist noch offen. Vielleicht Heilpädagogik, vielleicht Geografie. Leichtathletik und das Coaching des Nachwuchses in ihrem Verein, dem STB Leichtathletik, gehört ebenso zu ihren Leidenschaften wie Klavier spielen und Lesen.