Anfang Oktober ist Röbi Koller in die Bundesländer Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gereist und hat Luther-Orte besucht, darunter Wittenberg, Eisleben, Erfurt und Eisenach. Koller soll damit den Schweizerinnen und Schweizern Lust machen, den Stätten der deutschen Reformation nachzureisen.
Zwei «Roadshows». Von dieser Reise wird er in einer «Roadshow» berichten, die im April 2016 unter anderem in Aarau, Zürich und Bern zu sehen sein wird (eine weitere «Roadshow» zur Reformation wird 2017 ebenfalls in der Schweiz Halt machen. Sie wird aber von der Evangelischen Kirche in Deutschland organisiert. Link: http://www.ref.ch/kirche-kultur/ein-reformations-truck-besucht-67-europaeische-staedte/).
Von Zwingli und der Schweizer Reformation liest man in der sechsseitigen Medienmitteilung der Deutschen Tourismuszentrale erstaunlicherweise kein Wort, auch wenn der Schweizer Ableger seinen Sitz in Zürich hat. Ist das nicht etwas gar Luther-orientiert? «Von einem direkten Bezug zu Zwingli haben wir abgesehen, weil sich die beiden Reformatoren ja nur einmal begegnet sind – 1529 in Marburg. Die Stadt in Hessen war aber nicht Teil der Reise von Röbi Koller», begründet Oliver Sefrin von der Deutschen Zentrale für Tourismus in Zürich.
Zwingli reloaded. Aber Zwingli werde bei den deutschen Touristikern trotzdem seinen Platz erhalten: «Wir berücksichtigen ihn, denn die 2016 geplante Roadshow nennt sich bewusst Reformations- und nicht Luther-Roadshow», ergänzt Sefrin. Sie finde in enger Abstimmung mit reformierten Kirchgemeinden in Aarau, Bern und Zürich und mit den Landeskirchen statt. Man stehe in Kontakt mit dem Beauftragten für das Reformationsjubiläum der Zürcher Kirche, Michael Mente. Auch Grossmünster-Pfarrer Christoph Sigrist, Botschafter des Jubiläums, habe seine Unterstützung für die Roadshow signalisiert.
Das Auslassen von Zwingli bei der Koller-Reise findet auch Martin Breitenfeldt nicht schlimm. Er ist Geschäftsführer des Vereins «500 Jahre Zürcher Reformation», die von der Zürcher Kirche sowie von Zürich Tourismus, Stadt und Kanton Zürich getragen wird. «Ich finde die Aktion der Deutschen Tourismuszentrale stimmig. Es geht ja darum, Schweizer Interessierte für Reisen nach Deutschland zu motivieren. Da spielt Zwingli nur eine marginale Rolle. Und auch die Orte der deutschen Reformierten sind nicht gerade Tourismusmagnete.» Zudem hätten auch die Schweizer Reformierten seit 1973 eine Kanzel-Abendmahlsgemeinschaft mit den Lutheranern. «Die Entdeckungsreise lohnt in beide Richtungen», sagt Breitenfeldt.
«Ein Thomas Gottschalk für die Schweiz». Breitenfeldt wünscht der Aktion Erfolg, es sei gut, dass sich möglichst viele Schweizer die Luther-Stätten ansähen. Warum tourt Röbi Koller aber nicht auch für Zwingli durch die Schweiz? Breitenfeldt: «Man muss das spiegelverkehrt sehen: Ein Thomas Gottschalk müsste an Schweizer Reformationsorte reisen und die Deutschen für einen Besuch motivieren. Organisiert von Schweiz Tourismus.»
Schweiz Tourismus habe bis jetzt nichts Derartiges versucht; einzig in den USA habe man begonnen, für die Schweiz als Reformationsland zu werben. Dies bestätigt Thomas Vetsch von Schweiz Tourismus Deutschland: «Wir kamen zum Schluss, dass das Thema <Reformation> in Deutschland ganz klar mit Luther und weniger mit Calvin und Zwingli besetzt ist.» Man bewerbe deshalb die Schweizer Reformation hauptsächlich in den USA.
Zürich Tourismus, so Breitenfeldt, sei dagegen deutlich aktiver, trage den Verein «Plattform 500 Jahre Zürcher Reformation» mit und habe Massnahmen in beträchtlichem Umfang in Aussicht gestellt. Er hofft, dass sich Schweiz Tourismus mehr für das Reformationsjubiläum engagiert – etwa so, wie es die deutschen Kollegen vormachen.