Im Zimmer mit dem hellen Holzboden ist das Bett abgezogen, der Nachttisch bis auf eine Lampe leer. Letzte Nacht hat hier eine junge Frau geschlafen, die nicht in ihr Elternhaus zurückkehren wollte. Dort kommt es regelmässig zu heftigen Konflikten, die 15-Jährige wird auch geschlagen. In der Jugend-Notschlafstelle Pluto in Bern konnte die junge Frau in Sicherheit übernachten, zur Ruhe kommen und mit Unterstützung von Fachpersonen überlegen, wie es weitergehen soll.
Bereits häufig volles Haus
Dieses Beispiel ist fiktiv, aber, wie Mina Ruoss vom achtköpfigen Team der Notschlafstelle Pluto betont, realistisch. Letzte Nacht waren alle sieben Betten im Haus am Rand des Länggassquartiers belegt – wie bereits in etlichen Nächten seit der Eröffnung von Pluto Ende Mai. Auch ein Hund hat hier übernachtet. Die jugendlichen Gäste dürfen sogar ihre Haustiere mitbringen. «Bei uns suchen Menschen mit unterschiedlichen Lebensgeschichten Zuflucht», sagt Ruoss. Gemeinsam ist ihnen, dass sie zwischen 14 und 23 Jahre jung sind, in einer Notsituation und sonst nirgendwo hingehen können.
Dass es ein Bedürfnis nach Notfallschlafplätzen für Jugendliche und junge Erwachsene gebe, sei bereits vor der Eröffnung von Pluto klar gewesen, erzählt Sozialpädagoge Robert Sans, der bei der Planung des neuen Angebots involviert war. Entsprechende Rückmeldungen von Organisationen wie der Gassenarbeit hätten das gezeigt. «Aber wir hatten keine Ahnung, dass die Nachfrage rasch derart gross sein wird.»
Nach nur anderthalb Monaten hat sich das Angebot herumgesprochen. Pluto ist auch in den sozialen Netzwerken präsent. Das Ziel ist, dass niemand abgewiesen werden muss. Sind die sieben Betten in den Einzel- und Doppelzimmern besetzt, behilft sich das Team mit zusätzlichen Matratzen. Sollte wirklich jede Ecke im Haus belegt sein, wird nach einer externen Übernachtungslösung gesucht. Ein vergleichbares Angebot für Jugendliche gibt es sonst nur in Zürich.