Benedikt XVI. war letztlich wohl mehr Theologe und Buchautor denn Kirchenpolitiker. Sein bekanntestes Werk, an dem er noch vor seinem Pontifikat zu arbeiten begann, erschien im Jahr 2007. Der Autor, obwohl unterdessen in Papstwürden, trat ausdrücklich als Privatgelehrter Joseph Ratzinger auf, denn die theologische Studie wollte er nicht als lehramtliche Schrift verstanden wissen.
«Jesus von Nazareth» lautet der Titel des dreibändigen Werks, und es sorgte in theologischen Kreisen wie auch bei Tausenden von Gläubigen für Aufmerksamkeit. Im Buchhandel sprach man damals vom «bislang erfolgreichsten Start eines religiösen Sachbuches». Darin geht Ratzinger der Frage nach, ob Jesus «bloss» ein genialer Mensch, liberaler Wanderprediger oder politischer Aktivist war – oder eben doch der Sohn Gottes und Erlöser der Welt, wie es die Kirche lehrt.
Der Autor kam zum Schluss: Jesus sei schon zu Lebzeiten als Sohn Gottes aufgetreten und verstanden worden. Damit stellte sich Ratzinger bekenntnishaft gegen die Mehrheitsmeinung heutiger Bibelforschung. Diese lautet, dass man Jesus die Gottessohnschaft erst Jahre und sogar Jahrzehnte nach seinem Tod verbindlich zugeschrieben habe.
Auch betont Ratzinger in seinem Werk dezidiert den jüdischen Nährboden des Christentums. Dennoch war sein Verhältnis zum Judentum in seiner päpstlichen Funktion nicht ungetrübt; er war der Überzeugung, dass es sich beim Judentum um keinen eigenen Heilsweg handle und auch die Juden nur durch Jesus errettet werden könnten.
Auch die evangelischen Kirchen stiess der konservative Papst vor den Kopf, indem er ihnen das Kirchsein absprach, und die Muslime erzürnte er mit einem unpassenden Zitat.