Wenn an Ostern die Stecken fliegen

Tradition

Die Einwohner von Rumendingen pflegen einen alten Osterbrauch: das Knütteln. Ein Spiel, das aus einem Verbot geboren ist.

Alle Jahre wieder: Am Ostersonntag um 13 Uhr versammeln sich Bewohnerinnen und Bewohner des Emmentaler Dorfs Rumendingen an der einzigen Kreuzung im Ort. In der Hand halten sie einen «Knüttel», einen Holzstecken. Idealerweise hat dieser eine Astgabel und ist nicht allzu gerade. Dies verhindert, dass der Stock nach seiner Landung auf dem Asphalt weiterrollt.

Pro Hick einen Franken

Knütteln ähnelt dem Boccia-Spiel: Der älteste Teilnehmer wirft als erster seinen Stock. Danach versuchen die Mitspieler, ihre Holzstecken möglichst nahe an den erstgeworfenen Knüttel zu setzen. Der am weitesten entfernte Stock erhält mit dem Sackmesser einen Hick eingeritzt. Wer den «Hick» erhält, darf dafür weiterschiessen. Pro Hick zahlen die Teilnehmer am Spielende einen Franken. Mit dem Geld werden beim anschliessenden Zusammensein Getränke spendiert.

Während sich die Rumendinger ursprünglich knüttelnd bis nach Ersigen, später dann nach Niederösch bewegten, um sich dort im Gasthof zu treffen, knütteln sie seit den 80er-Jahren einmal um das Dorf herum. Danach treffen sie sich im Wagenschopf eines Einwohners.

Spass statt Strenge

Knütteln ist ein alter Osterbrauch, der in den 1940er- und 50er-Jahren im ganzen Emmental gepflegt wurde. Heute lebt er einzig in Rumendingen weiter. Das Spiel entstand, weil an Ostern Hornussen, Schwingen und Schiessen verboten waren. Der Ernst war dem Spass vorzuziehen. Da die Bevölkerung aber nicht auf Unterhaltung verzichten wollte, erfand sie das Knütteln.

Früher knüttelten nur die Männer. Heute steht das Spiel auch Frauen und Kindern offen. In den letzten Jahren trafen sich am Ostersonntag rund 30 Personen – auch Weggezogene kommen für den Anlass in ihr altes Dorf. Wie Res Jost. Der ehemalige Gemeindepräsident von Rumendingen wohnt in der Nachbargemeinde und versucht, wenn immer möglich, mit dabei zu sein. So auch dieses Jahr.