Schwerpunkt 29. August 2018, von Marius Schären

Fantasien, die das Vertrauen zerstören können

Verschwörungstheorien

Wenn man sieht, was man glaubt: Warum wir uns nicht nur real verschwören, sondern auch Theorien dazu mögen – und warum George Soros für vieles herhalten muss.

1947 fand die US-Armee bei Roswell, New Mexico, Trümmer eines abgestürzten Objektes. Wetterballons seien es, hiess es zuerst. 1994 zeigte sich, dass es Überreste eines Systems waren, das russische Atomtests erkennen sollte. Manche Leute beharren aber darauf, es sei ein abgestürztes UFO gewesen. Bis heute werde es versteckt, ebenso die daraus gewonnenen Erkenntnisse. In Film, Fernsehen und auch touristisch wurde und wird der «Roswell-Zwischenfall» breit ausgeschlachtet.

Die Legende vom UFO in Roswell ist eine sogenannte Verschwörungstheorie. Im Interview dieses Dossiers spricht der Religions­wissenschaftler Georg Otto Schmid über dieses Phänomen. Solche Geschichten über angebliche Verschwörungen haben oft den Charakter einer Ersatzreligion: Sie unterscheiden klar zwischen gut und böse, benennen eine alles steuernde Macht mit meist dunklen Zielen und prophezeien eine baldige Zeitenwende.

Immer mehr Menschen nehmen Verschwörungstheorien ernst. Begünstigt wird dies durch die Technik, soziale Umstände und die menschliche Natur. Informationen, die wir hören wollen, werten wir höher als andere. Und gegen­teilige Berichte nehmen wir als Beweis, dass man uns Sand in die ­Augen streuen will. Bedeutende Ereignisse führen wir lieber auf bedeutende Ursachen statt auf Zufall zurück. Und was uns emoti­onal stark berührt oder gar empört, erzählen wir gerne weiter. Wenn wir zudem noch sozial wenig eingebettet sind, uns unzufrieden und ohnmächtig gegenüber «den Mächtigen» fühlen, dann macht es uns das Internet leicht, uns von einer Verschwörungstheorie zur andern zu hangeln.

Das kann relativ harmlos sein. Aber es können auch Geschichten sein, die das Vertrauen zerstören, auf dem unsere Gesellschaft baut. Vertrauen ist fundamental, weil wir nie alles selbst verifizieren können und uns auf vertrauenswürdige Übermittler verlassen müssen.

Die UFO-Legende nimmt auch der Fotograf Berthold Steinhilber in seiner Serie «UFO has landed –» auf, die dieses Dossier illustriert. Er behauptet, mit der Kamera seines Grossvaters unbekannte Flug­objekte festhalten zu können. Zugleich macht er transparent, dass es nur Persiflage ist.