Ihr erfolgreicher Podcast heisst «Unter Pfarrerstöchtern – die Geheimnisse der Bibel». Sind Pfarrerskinder besondere Menschen?
Sabine Rückert: Wir haben lange darüber nachgedacht, wie wir den Podcast nennen. Mit «Unter Pfarrerstöchtern» ist gleich klar, woher wir kommen. Und es heisst ja: «Pfarrers Kinder, Müllers Vieh: geraten selten oder nie». Pfarrerskinder haben auch etwas Schräges.
Johanna Haberer: Es gibt Untersuchungen darüber, unter welchen Lasten und mit welchen unglaublichen Ressourcen Kinder in Pfarrhäusern aufwachsen. Sie werden mit Musik gross, mit Ritualen, Geschichten, stehen aber auch unter öffentlicher Beobachtung. Unser Vater war kein Gemeindepfarrer, sondern ein christlicher Unternehmer. Wir sind also nicht in einem klassischen Pfarrhaus gross geworden. Aber die Lieder, die Bibellesungen, das hatten wir genauso.
Wie wichtig war die Bibel?
Rückert: Als Kinder wurden wir mit biblischen Texten bombardiert, jeden Morgen wurde eine Stelle vorgelesen. Und sonntags ging es in die Kirche. Im Gymnasium kannten wir die Bibel recht gut. Johanna hat später Theologie im Hauptfach studiert, ich im Nebenfach. Bis heute hat die Bibel für mich einen hohen Stellenwert, sie redet mir immer noch rein bei Entscheidungen. Manchmal ist das ein Segen, manchmal weniger.
Haberer: Die Bibel war mentalitäts- und sprachbildend für mich. Ich erinnere mich daran, wie wir immer am Karfreitag mit Bibeln ausgestattet auf dem Teppich im Wohnzimmer lagen und Bachs Matthäuspassion hörten. Das waren Erfolgserlebnisse für mich als Kind, wenn ich beim Lesen mit dem gesungenen Text mithalten konnte.
Rückert: Erst später wurde mir bewusst, dass wir vor allem neutestamentliche Texte gelesen hatten. Der jüdische Teil der Bibel fehlte fast ganz. Von Mose im Schilf oder von der Arche Noah wurde uns nur im Religionsunterricht der Grundschule erzählt.
In der Reformation, die von Zürich ausging, war die Wiederentdeckung des Alten Testaments hingegen zentral.
Rückert: Ich finde es auch nicht gut, wenn das Alte Testament bloss als Fussnote vorkommt und die Geschichten daraus zu Märchen degradiert werden. Welche Weisheit in diesen Erzählungen steckt, das erfahre ich erst heute. Im Podcast gehen wir ja zunächst sämtliche Bücher des Alten Testaments durch. Und diese uralten Schriften hauen mich um.
Haberer: Im Theologiestudium habe ich Hebräisch gelernt. Ich hatte einen grossartigen Lehrer. Er hat mir das Alte Testament in seiner wunderbaren Dimension erschlossen. Aber jetzt, da wir im Podcast keine einzige Stelle auslassen, erlebe ich das Alte Testament als noch grösser und auch abgründiger als zuvor.