Als die Pandemie losging, machte ich mir keine Sorgen. Erst im Lockdown beschlich mich ein Gefühl, das sich später mit der Einführung der Impfung verstärkte: Man teilte die Leute immer stärker in zwei Gruppen ein – in die ‹Guten›, die alle Massnahmen akzeptierten, und in die ‹Bösen›, die es lockerer sahen oder gegen Massnahmen waren.
Ich bin nicht generell ein Impfgegner, aber diese Impfung betrachtete ich skeptisch. Rasch erhielt ein Stoff eine Notfallzulassung, man versprach Immunität und die Verhinderung der Ansteckung, dabei wusste man noch nicht alles. Als sich mein Jahrgang impfen lassen durfte, schrieb mir mein bester Freund Luigi* eine SMS: ‹Bist du schon geimpft?›. Das ärgerte mich. Warum fragte er bei so einem wichtigen Thema nicht zuerst, was ich davon halte? Wir diskutierten aber nicht gross darüber.
Heftiger Streit am Konzert
Erst drei Tage nach der Einführung der Zertifikatspflicht im Oktober 2021 gerieten wir heftig aneinander. Wir besuchten ein Konzert. Luigi fand, die Schweiz müsse eine Impfpflicht für alle einführen. Ich war schockiert. Bereits die Zertifikatspflicht hatte mich sehr aufgewühlt. Auf extrem wackeligen Argumenten wurden einem Teil der Menschen Grundrechte entzogen.
Gegenüber totalitären Massnahmen reagiere ich sehr sensibel. Mein Grossvater und Vater litten in Italien unter dem Faschismus, unter der Einteilung in ‹wir› und ‹sie›. Nun erlebte ich selbst, dass Menschen ausgeschlossen wurden. Es gab keine Dialogbereitschaft mehr, auf beiden Seiten! Es galt nur noch: Machst du mit oder nicht? Luigis Haltung machte mich fassungslos. Die Bar verliessen wir getrennt.