«Der Anfang war hart, aber wir hielten an der Hoffnung fest, unsere Leben neu aufbauen zu können», erzählt Rabia Sami im Wohnzimmer an einem Sonntag Mitte Mai. Seine Mutter hingegen, die mit dem Sohn und den zwei Töchtern heimkehrte, habe den Anblick des kaputten Zuhauses nicht ertragen. Sie starb kurz nach der Rückkehr.
Die Geschwister Sami liehen sich Geld von Verwandten, renovierten die Mauern, liessen neue Türen und Fenster einsetzen. Während Sarab und Nada durch die Räume führen, leuchten ihre Augen. Ihr Zuhause mag bescheiden sein, sie schlafen alle drei im gleichen Zimmer, doch es fühlt sich wieder an wie daheim.
Nada arbeitet in einer Kleiderfabrik, und Rabia ist Wächter auf der Baustelle der syrisch-katholischen Kirche al-Tahira, die zurzeit von der Unesco wiederaufgebaut wird. Vor ihren Trümmern hielt der Papst bei seinem Besuch im März 2021 eine Rede. Stolz zeigt Rabia auf seinem Handy Videos davon.
Den Kontakt zu ihren muslimischen Nachbarn schätzen die Rückkehrer. Während der IS-Herrschaft hätten diese versucht, ihr Haus zu beschützen: Der Nachbarssohn sei eingezogen und habe dem IS gesagt, er wohne hier, erzählt Rabia. Doch der IS wusste, vermutlich durch Zugang zu Eigentumsregistern, dass das Haus Christen gehörte.
Die Terroristen konfiszierten es. Zuerst habe die Hisba, die Sittenpolizei des IS, das Gebäude genutzt. Später, während der Schlacht um Mossul, seien verletzte Kämpfer hergebracht worden. Das erzählten ihnen die Nachbarn am Telefon, als die Geschwister noch in der kurdischen Stadt Erbil wohnten.
Diese Gespräche bargen ein grosses Risiko: Der IS wollte verhindern, dass Informationen aus dem besetzten Mossul nach aussen drangen. Deshalb stellte er die Türme für den Mobilfunk in der Stadt ab. Die Nachbarn versteckten die SIM-Karte des Handys in einem Blumentopf. Um etwas ausserhalb der Stadt telefonieren zu können, brauchten sie jeweils eine taugliche Ausrede.