Chinas Senkrechtstart zur Wirtschaftsmacht ist etwas ins Stocken geraten, doch die digitale Überwachungsmaschinerie entpuppt sich als durchschlagender Erfolg. Hongkongs Christen, die für Demokratie kämpfen, erleben derzeit, wie für die Regierung in Peking George Orwells düsterer Zukunftsroman «1984» zur Gebrauchsanweisung für ihre Repression wird. Das macht Angst. Was in China funktioniert, kann in andere Länder exportiert werden. Mit künstlicher Intelligenz kontrolliert das Regime seine Bürgerinnen und Bürger effizient. Kameras registrieren jedes Fehlverhalten. Gesichtserkennung wird nicht nur in der U-Bahn eingesetzt, sondern zunehmend auch in Kirchen. Wer sich systemkonform verhält, erhält Bonuspunkte und Zugang zu Hochgeschwindigkeitszügen und Bankkrediten. Wer Punkte verliert, kann keine Flugtickets mehr buchen.
Ethik widerspricht Logik
Wirtschaftlicher Erfolg habe seinen Preis, mögen einige finden. Und man werde sich warm anziehen müssen, um mithalten zu können mit den leistungsfähigen Chinesen. Ein 1,4 Milliarden-Volk brauche eine starke Führung, welche die Sicherheit des Kollektivs über die Freiheit des Einzelnen stelle. Überhaupt: Menschen seien Herdentiere, die gesteuert und überwacht werden wollen.
Die christliche Ethik, nach der die Würde des Menschen unantastbar ist, widerspricht einer solchen Logik. Kein Wunder, will China den Widerstand in Hongkong, der stark von Christinnen und Christen getragen wird, mit Repression und digitalen Hilfsmitteln niederschlagen und die Religionsfreiheit einschränken. Nicht nur dort müssen Menschen befürchten, dass die digitale Diktatur ihren Alltag bestimmt. Auch in Westeuropa sollte man hellhörig werden, wenn Internetgiganten Wahlen beeinflussen und ungehindert ihren Datenhunger stillen. Selbst wenn China ökonomisch erfolgreich bleibt, als Vorbild taugt es nicht.