Meinung 14. Juni 2021, von Cornelia Krause

Der Bund sollte auf den Hilferuf aus Zürich hören

Sozialpolitik

Die Basishilfe der Stadt Zürich ist löblich. Doch wirkliche Entlastung bringen nur Gesetzesänderungen auf Bundesebene.

Krisen legen Schwachstellen schonungslos offen. In der Pandemie trat die Armut, die gern durch Massnahmen wie das Bettelverbot unsichtbar gemacht wird, plötzlich zutage. Die Bilder von Menschenschlangen vor Essensausgaben haben die Verantwortlichen der Stadt Zürich alarmiert.

Mit einer Art paralleler Sozialhilfe sollen künftig Steuergelder über Hilfsorganisationen an Bedürftige gelangen. Teils geht es um Migranten und Migrantinnen, die sich aus Angst um ihren Aufenthaltsstatus nicht trauen, Sozialhilfe zu beantragen. Oder Menschen, die nicht einmal im Land sein dürften, hier aber über Jahre oder Jahrzehnte hinweg zu Niedrigstlöhnen unattraktive Arbeit verrichten.

Ein Armutszeugnis

Das pragmatische Handeln der Stadt Zürich ist begrüssenswert. Aber es wirft Fragen auf: Wo werden die Grenzen beim Bezug gesetzt? Können die Hilfswerke die Bedarfsabklärung leisten? Was passiert nach den 18 Monaten, auf die das Pilotprojekt angelegt ist?

Dieses System führt zu einer Ungleichbehandlung der Menschen, abhängig vom Wohnsitz. Nicht alle Gemeinden können und wollen sich ein Auffangnetz leisten. Zumal mit der Sozialhilfe ein bewährtes System der Unterstützung existiert, das den Behörden auch eine Kontrolle ermöglicht. Der Winterthurer Sozialvorsteher Nicolas Galladé interpretiert gegenüber «reformiert.» diese «wirtschaftliche Basishilfe» denn auch als Hilfeschrei, weil der Bund die Städte hindert, ihre Aufgabe, die Armutsbekämpfung, effektiv wahrzunehmen.

Dieser Hilferuf muss Wirkung zeigen. Nötig ist eine klare Formulierung mit Blick auf den Sozialhilfebezug im Ausländer- und Integrationsgesetz. Für Sans-Papiers bräuchte es Wege der Legalisierung. Anliegen, die auch die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz (EKS) unterstützen dürfte. Denn dass es in Zürich diese wirtschaftliche Basishilfe braucht, ist eigentlich ein Armutszeugnis für die Schweiz.