Der Mensch. «Die Kirche» habe in der Politik nichts zu suchen: Diese grundsätzliche Forderung wird mindestens bei jeder Abstimmung laut, in der kirchliche Exponenten oder Organisationen Stellung beziehen. Sie ist aber nicht umsetzbar – und nicht reformiert: Schon für Zwingli hatte selbst die Verkündigung eine politische Dimension. Zudem: Wir sind alle politisch, ob wir es wollen oder nicht. Unser Handeln hat politische Folgen, da wir in einer politisch organisierten Gesellschaft leben. Ob ich einen Bio-Apfel direkt vom Bauern in der Nähe kaufe oder einen aus Südafrika im Supermarkt: Schon wie wir unsere Nahrung beschaffen, hat Konsequenzen für Gesetze. Anderes Handeln hätte andere staatliche Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Landwirtschaft zur Folge.
Die Gemeinschaft. Hinzu kommt: Kirchliche Organisationen, Glaubensgemeinschaften sind auch Interessengemeinschaften. Logisch, dass sie sich dafür einsetzen, dass die Rahmenbedingungen zu ihren Gunsten gestaltet werden – allein schon, wenn sie ihre Glaubensgrundsätze durch staatliche Rahmenbedingungen tangiert sehen. Umso mehr, wenn diese Rahmenbedingungen die Einnahmen – und damit die Möglichkeiten – der Gemeinschaft direkt beeinflussen. So wie es bei der Unternehmenssteuerreform III der Fall ist.
Das Vertrauen. Nun kann «die» Kirche nicht direkt mit einer Gewerkschaft oder einem Pharmaunternehmen verglichen werden. Es gibt sie so nämlich gar nicht. Und das Evangelium ist weder Parteiprogramm noch Businessplan, noch Statut. Das macht es kompliziert. Es bedingt, dass Vertrauenspersonen der Glaubensgemeinschaft – wie Pfarrerinnen und Pfarrer – mit Bedacht handeln. Es bedingt, dass sie nicht ihre Pflichten und kein einziges Mitglied vernachlässigen. Es bedingt, dass sie nicht egoistisch handeln. Eine Pflicht ist es aber auch, ehrlich Mensch zu sein, für sich und für die Gemeinschaft. Das bedingt schliesslich auch zu handeln, wenn sie überzeugt sind, es tun zu müssen. Und das verdient Vertrauen statt dessen Entzug.