Am 28. Oktober 312 steht Kaiser Konstantin I. mit seinem Heer an der Tiberbrücke im Norden Roms, wo ihn sein Mitkaiser und Widersacher Maxentius zur entscheidenden Schlacht erwartet. Was nun geschieht, verändert die Welt. Eusebius, der Bischof von Cäsarea, beschreibt es in seiner Biografie des Konstantin so: Dem Kaiser sei am helllichten Tag ein Flammenkreuz erschienen, und eine Stimme habe zu ihm gesagt: «Unter diesem Zeichen sollst du siegen.» Konstantin, selbst kein Christ, sondern ein Anhänger des römischen Sonnengottes, tut, wie ihm geheissen. Und trägt mit seinen Truppen einen überwältigenden Sieg davon.
Die christliche Geschichtsschreibung führte diesen überraschenden Erfolg auf ein Bündnis zwischen dem Kaiser und dem Christengott zurück, das als «konstantinische Wende» gilt: Vorgänger Diokletian (285–305) hatte die Christen noch brutal verfolgt, Kaiser Konstantin jedoch erhob das Christentum Schritt für Schritt zur römischen Staatsreligion. Und mit dem Edikt von Mailand erhielten die Christen im Jahr 313 Glaubensfreiheit zugesichert und bekamen das Bürgerrecht zugesprochen. Zudem wurde der Sonntag offizieller Feiertag und die Kreuzigung abgeschafft. Der Kaiser zeigte sich als Gönner der Christen, der Klerus erhielt Privilegien. Machtmensch Konstantin tat all dies nicht aus Nächstenliebe, sondern weil er die Christen als wertvolle Stütze für ein geeintes Reich unter seiner Herrschaft sah.
Den Grundstein zur Festigung seiner Macht legte das von ihm einberufene Konzil von Nizäa im Frühsommer vor 1700 Jahren. Konstantin war seit Herbst 324 alleiniger Herrscher, nun wollte er auch die Ost- und Westkirche einen. Mehr als 200 Bischöfe kamen, um einen grossen Glaubensstreit beizulegen. In Gefahr war die religiöse Einheit des römischen Staates durch einen gewissen Arius: Er vertrat die Lehre, Gottvater sei Urgrund allen Seins, Jesus könne deshalb nicht sein Sohn sein. Dieser sogenannte Arianismus verbreitete sich in Windeseile im Reich. Arius erschien auf Geheiss von Konstantin auf dem Konzil in Nizäa und verteidigte dort seinen konsequenten Monotheismus: Jesus sei zwar das vornehmste aller Geschöpfe, aber selbst keine Gottheit. Konstantin selbst soll die theologischen Diskussionen auf dem Konzil mit der Feststellung beendet haben, der Sohn sei «eines Wesens mit dem Vater». In der Folge unterzeichneten praktisch alle Bischöfe das nizänische Glaubensbekenntnis, das festhält: Jesus ist göttlich und Gott Vater, Gott Sohn und der Heilige Geist sind eins, das heisst drei Gestalten des einen Gottes (Trinität).
337 soll Konstantin auf dem Totenbett einen Bischof herbeigerufen haben, um sich taufen zu lassen. Seine Hinwendung zum Christentum leitete einen Prozess ein, der sich bis ins Jahr 380 fortsetzen sollte. Kaiser Theodosius erklärte das Christentum dann zur Pflichtreligion, zementierte das Trinitätsdogma von Nizäa, Andersdenkende verdammte er als Ketzer.