«Und der Engel des HERRN erschien Moses in einer feurigen Flamme aus dem Busch. Und er sah, dass der Busch mit Feuer brannte und ward doch nicht verzehrt.» 2. Mose 3, 2.
Mitten in seinem Alltag als Schafhirte sieht Moses plötzlich etwas, das seine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Ein Dornbusch brennt, aber er bleibt irgendwie immer gleich.
Aufmerksam. Das Ereignis macht Moses wach und aufmerksam. So kann er Gottes Stimme hören, er hört Gott sagen: «Ich habe das Elend deines Volkes in Ägypten gesehen, ihr Schreien über die Treiber habe ich gehört.» Gott gibt Mose ein Zeichen, sodass Moses glauben kann, dass er wirklich Gott gehört hat und ihm begegnet ist. Der brennende Dornbusch ist das Zeichen. Ganz besonders nun ist, dass der Dornbusch nicht verbrennt. Das Feuer nimmt den Nährstoff nicht aus dem Sichtbaren, also aus dem Dornbusch, sondern aus dem Unsichtbaren.
Unsichtbar. Dies ist ein Sinnbild für den Glauben. Glauben heisst: Wir nehmen den Nährstoff aus dem Unsichtbaren. Wir stützen uns auf etwas, das wir nicht sehen. Es gibt uns so viel Energie, dass es wärmt und verändert und stärkt, so wie das Feuer das auch kann. «Als Mose hinsah, siehe da brannte der Busch» – durch die Wiederholung des Wortes «sehen», werden wir aufgefordert, tiefer zu schauen. Sieh, schau, was vor Augen ist – ein brennender Dornbusch – aber siehe noch genauer –, sieh, schau, achte auf die unsichtbare Welt: Sie hält Antworten und Hilfe bereit. Der nächste Schritt war für Mose, dass er nicht nur sah, sondern auch hörte. Seine inneren Augen waren für die unsichtbare Welt geöffnet und so hörte er aus der unsichtbaren Welt auch die Stimme Gottes.
Sehend. Mit dem Sehen und Gesehen-werden beginnt die Befreiungsgeschichte der Israeliten. Gott sah ihr Elend. Im Vers 7 heisst es: Gott hat ihr Schreien über ihre Treiber gehört. Also: Gott sah, dass sie Getriebene waren, dass sie nicht selberüber ihr Leben bestimmen konnten.
Ganz unbekannt sind vielen von uns solche Situationen nicht: fremdbestimmt, gehetzt, belastet, besorgt und getrieben. Was in einer solchen Situation hilft, ist die Erfahrung: Jemand sieht, wie es uns geht, jemand geht ganz auf uns ein, fühlt mit, denkt mit, steht zu uns, hält mit uns aus und versucht, den Faden zur unsichtbaren Welt zu finden.
Gesehen werden, ernst genommen werden in einer bedrückenden Situation – das kann oft schon ein kleines Licht sein und der Hoffnung Nahrung geben. Das Feuer der Hoffnung nährt sich aus diesem Unsichtbaren. Mit dieser Nahrung aus der unsichtbaren Welt machten sich die Israeliten auf den Weg durch die Wüste. Gott sieht und sah immer wieder, wie es dem Volk Israel geht. Gott sieht und sieht immer wieder, wie es uns geht – wir brauchen Augen, die tiefer sehen, Oh-ren, die hören, und ein offenes Herz.
Gepredigt am 25. Januar 2015 in der Kirche Langwies