Recherche 12. November 2021, von Toni Schürmann/Kirchenbote

Konzertkirche gerettet

Kultur

Im August 2021 erfolgte die Gründung der Stiftung Martinskirche. Die Zukunft als Basler Konzertkirche ist damit für die nächsten zwei Jahrzehnte gesichert.

«Als ich hörte, dass die Basler Kantonalkirche finanzielle Probleme mit der Martinskirche hat und der Betrieb als Konzertkirche in Gefahr ist bzw. sogar ganz aufgegeben werden sollte, stand ich innert 48 Stunden bei der Kirchenverwaltung auf der Matte», sagt der Basler Anwalt Martin Hug. «Als begeisterter Musikliebhaber und -kenner wollte ich dieses Damoklesschwert so schnell als möglich aus der Welt schaffen, denn der Konzertort Martinskirche liegt mir sehr am Herzen.»

Prominente Unterstützer

Die Lösung sah Hug in der Bildung einer Initiativgruppe, die sich erfolgreich für den Erhalt der Martinskirche als Konzertkirche und den Aufbau einer neuen Trägerschaft einsetzt. Sofort mit an Bord der Initiativgruppe «Zukunft Martinskirche» waren verschiedene Basler Persönlichkeiten – unter anderen Patricia von Falkenstein, die Basel ab Dezember im Nationalrat vertreten wird, der Politiker Heiner Vischer und der Komponist und Dirigent Heinz Holliger.

Ziel des Projekts ist es, mit einem hauptamtlichen Team den operativen Betrieb der Martinskirche zu übernehmen. Das Team fungiert dabei als Gastgeber und disponiert die Veranstaltungen. Auch über einen gemeinsamen Mitarbeiterpool für verschiedene Veranstaltungsorte wird nachgedacht.

Wiederkehrendes Defizit

Die Rechnung für die Absicherung des Konzertbetriebs der nächsten 20 Jahre ist schnell gemacht: Bei einem Defizit gemäss Erfahrungswerten von jährlich rund 200'000 Franken braucht es ein Betriebskapital von vier Millionen Franken. Dazu kommt für die bauliche Erneuerung der Infrastruktur rund eine weitere Million Franken.

«Bereits im November 2020 gingen die ersten Briefe raus, die um Spenden für das Projekt baten. Der Rücklauf von Privatpersonen und Stiftungen war höchst erfreulich. Dank zahlreicher Spendenzusagen sind derzeit rund 80 Prozent des anvisierten Kapitals von fünf Millionen Franken gesichert», erklärt Martin Hug.

Glücksfall für die Kirche

Auch die Evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt hat im Juni 2021 einen Beitrag von 100'000 Franken an die Auffrischung der Nebenräume gesprochen. Letztlich ist das neue Betriebsmodell auch für sie ein Segen: Aufgrund ihres Mitgliederschwunds und der damit einhergehenden sinkenden Steuereinahmen könnte sie das kostenintensive Gebäude nicht mehr wie bisher weiter betreiben. 

Durch den privaten Weiterbetrieb entfallen für sie grosse Kosten. Zudem bleibt die Martinskirche ihrem wichtigen kulturellen Zweck im öffentlichen Interesse erhalten.

Technik kostet

Mit der neuen Trägerschaft soll die Martinskirche auch in Zukunft ihren festen Platz in der Basler Kulturlandschaft behalten. Um attraktiver Veranstaltungsort für Orchester- und grosse Chorkonzerte zu bleiben, braucht es jedoch bauliche Erneuerungen und Investitionen in die Veranstaltungstechnik. Dazu gehören beispielsweise eine verbesserte Bühnenbeleuchtung, eine fixe Tonanlage, eine sanfte Renovation des Backstage-Bereichs, neue Toiletten und die Verbesserung des Sitzkomforts im Rahmen des denkmalpflegerisch Möglichen.

Geplant ist, die Umbaumassnahmen im Sommer 2022 zu realisieren, damit die Martinskirche unter neuer Trägerschaft im Herbst 2022 den Betrieb aufnehmen kann. Bis Mitte 2022 wird die Martinskirche von der Evangelisch-reformierten Kirche betrieben.

Weiterhin Spenden nötig

«Für die Finanzierung der baulichen Massnahmen und des mindestens zwanzigjährigen Betriebs benötigen wir noch eine weitere Millionen Franken», erklärt Hug. «Um das Spendenziel von insgesamt fünf Millionen Franken erreichen zu können, freuen wir uns deshalb über jede weitere Spende, ob gross oder klein.»

Im August 2021 erfolgte die Errichtung der als gemeinnützig anerkannten «Stiftung Martinskirche». Damit steht das entsprechende Finanzierungsgefäss bereit. «Sämtliche Zuwendungen sind übrigens im gesetzlichen Rahmen steuerlich absetzbar», ergänzt Martin Hug, Initiant und Präsident des Stiftungsrats, erfreut.

Liebe zum Licht

In vier Wochen ist Weihnachten. Dann ist wieder Zeit für Bachs Weihnachtsoratorium oder Händels Messias. Schöner als zu Hause ab CD-Player ist der Konzertgenuss in stimmungsvoller Atmosphäre. Die in der Stadt Basel zentral gelegene Martinskirche bietet sich dafür an und kann mit vielen Vorzügen punkten.

Die Basler Barockviolinistin Leila Schayegh, auch sie Mitglied der Initiativgruppe, gerät ins Schwärmen. «Die Martinskirche ist dank ihrer ruhigen Lage im Herzen der Altstadt perfekt für einen Konzertbesuch. Die Kirche klingt wunderschön, sowohl leer für Aufnahmen als auch voll für Konzerte.»

Dass die Musiker über Aufenthaltsräume verfügen, in denen sie sich vor dem Konzert einspielen und umziehen können, sei ein weiterer Vorteil. «Ich liebe das Licht, die Stimmung, den Geruch in der Kirche und komme jedes Mal in eine gespannte Erwartungshaltung, wenn ich sie betrete. Ich habe in dieser Kirche viele intensive Stunden verbracht und freue mich sehr, dass sie für den Konzertbetrieb erhalten bleibt.»