Das Grossmünster in katholischem Prunk

Zwingli-Film

Fast vier Wochen war das Grossmünster für Besucher gesperrt. Der Grund: Dreharbeiten für einen aufwendigen Film über den Zürcher Reformtor Zwingli.

500 Jahre lang war er verbannt aus dem Grossmünster. Nun hat er wieder Gastrecht erhalten, der heilige Antonius respektive seine in ein goldenes Gewand gehüllte Statue. Zusammen mit einer Reihe von Altären, wie etwa demjenigem im Chor, auf dem Felix, Regula und Exuperantius geköpft dargestellt sind, mit biblischen Wandmalereien, mit dem goldenen Kreuz über dem Chorgestühl, den Kerzenständern und vielerlei sakralen Requisiten mehr. Die Aufgabe all des prunkvollen Zierrats: das Innere des Kirchenraums in einen vorreformatorischen, katholischen Zustand zu versetzen.

Es ist Februar 2018. Drehzeit im Grossmünster für den Zwingli-Spielfilm. Um das Ambiente der Zeit um 1520 möglichst realitätsnah zu gestalten, wurde ein neuer Kirchen­boden verlegt, da der heutige ganz unmittelalterlich glänzt. Viele der Kirchenbänke fehlen, so wie damals, als es solche gar nicht gab, um Kirchgängern ein bequemes Sitzen zu ermöglichen. An der Decke hängt eine weisse Plane, die für filmgerechte Lichtverhältnisse sorgt. Die grosse Holzkanzel an der Wand gab es damals auch nicht. Sie abzumontieren wäre aber ein zu grosser Aufwand gewesen. Sie wird darum später im Schnittstudio digital weggezaubert werden. Schliesslich, darauf achten die Filmleute sehr genau, soll sich der Grossmünster-Innenraum bis ins Detail historisch korrekt präsentieren.

Ein teurer Schweizerfilm

An 9 von insgesamt 37 Drehtagen war das Grossmünster Schauplatz des Films. Sehr zum Ärger vieler Touristen, die während fast einem Monat vor geschlossenen Türen standen. Gedreht wird auch in der Klosteranlage St. Georgen in Stein am Rhein, vor dem Ritterhaus Bubikon sowie in Baden-Württemberg.

Der Zwingli-Film ist eine grosse Kiste. Rund fünfeinhalb Millionen Franken beträgt das Budget der Zürcher C-Films AG. Für schweizerische Verhältnisse viel Geld, international gesehen aber eher ein bescheidener Betrag, wie Regisseur Stefan Haupt («Der Kreis») erklärt. Ins Kino kommt der Film im Januar 2019, rechtzeitig zum 500-Jahr-Jubiläum der Schweizer Reformation.

Erzählt wird die Geschichte von Zwingli, dargestellt von Max Simonischek («Die göttliche Ordnung»), in seinen Zürcher Jahren von 1519 bis zu seinem Tod 1531. Drehbuchautorin Simone Schmid («Der Bestatter») zeigt den Reformator als leidenschaftlichen, kämpferischen Menschen, mit all seinen Widersprüchen und Fehlern, der aber nicht «der trockene, lustfeindliche Mann war, als den man ihn allgemein zu kennen glaubt». Zwinglis Frau Anna Reinhart, gespielt von Sara-Sophia Meyer («Schellen-Ursli»), stellt Schmid dem Reformator als gleichwertige Figur zur Seite. «An ihr lassen sich exemplarisch die Errungenschaften der Reformation zeigen. Anna macht einen Prozess durch, kann ihre Angst vor dem strafenden Gott des alten Glaubens ablegen und Vertrauen finden zu einem Gott, der die Menschen mitsamt ihren Fehlern gern hat.»

Zeitlose Aktualität

Was interessiert Regisseur Stefan Haupt an Huldrych Zwingli? «Ihm näher zu kommen, hat mich immer gereizt. Zwingli stand ein für Ehrlichkeit, Klarheit, Transparenz, dafür, das Wort, das in der Bibel stand, ernst zu nehmen und zu versuchen, es nach bestem Wissen und Gewissen zu leben. Für ihn kamen die Interessen der Gemeinschaft stets vor denjenigen des Einzelnen».

Zu vielem, wofür sich Zwingli eingesetzt habe, ergeben sich laut Haupt aktuelle Bezüge. Etwa von seiner Kritik am Söldnerwesen zu heutigen Waffenexporten der Schweiz. Oder auch von Zwinglis Hinwendung zu den Ärmsten hin zur aktuellen Reichtumsverteilung in unserm Land. «Auf jeden Fall», so Haupt, «können die Menschen gespannt sein, welches Bild vom Reformator wir im Zwingli-Film zeigen.»