Während der Nürnberger Prozesse 1946 berief sich Julius Streicher, Verleger des nationalsozialistischen Hetzblatts «Der Stürmer», auf den deutschen Reformator Martin Luther. Völkisches sowie antisemitisches Gedankengut mit christlicher Theologie zu verbinden, ist somit nicht neu. Mit dem Aufkommen der sogenannten «Neuen Rechten» seit den späten Neunzigerjahren entstand auch eine neue, rechte Deutung des Christentums. Dieser Strömung widmet sich der Sammelband «Christentum von rechts» aus theologischer Perspektive. In fünf Aufsätzen erklären die Autoren die charakteristischen Grundzüge und Argumentationsmuster des «rechten Christentums» und schätzen deren Gefährlichkeit ein.
Kirche im Kampfmodus
Die Autoren des Sammelbands beschreiben das «Christentum von rechts» nahezu durchweg als Gegenentwurf zum «Mehrheitschristentum». Gemeint ist damit die Haltung der offiziellen evangelischen Kirchen und eines Grossteils der christlichen Zivilgesellschaft. Diese Haltung ist gekennzeichnet durch eine liberale Bibelauslegung, moralisch motiviertes Engagement in gesellschaftspolitischen Bereichen und interreligiösen Dialog.